Architekturdokumentation als Forschungsgebiet umfasst weit mehr als das Vermessen von Gebäuden mit dem Ziel Pläne und Zeichnungen zu produzieren. Die Bauten sollten im Sinne eines modernen Forschungsansatzes weit vielschichtiger interpretiert werden. Sie sind nicht nur technische Konstruktion, sondern auch Träger und Ausdruck geschichtlicher Ereignisse und Erinnerungen, gesellschaftlicher Werte, aber auch das Produkt ihres weiteren menschlichen, ökonomischen und natürlichen Umfeldes. Um alle diese Faktoren im Forschungsprozess berücksichtigen zu können, bedarf es eines multidisziplinären Forschungsansatzes, bei dem Argumente anderer akademischer Disziplinen, wie Anthropologie, Soziologie, Geschichte oder auch Ökologie berücksichtigt werden. Im Rahmen größerer Forschungsprojekte geschieht dies unter Einbeziehung der jeweiligen Experten. Im Laufe der Lehrveranstaltung wird Augenmerk auf das Einbinden von Gesichtspunkten nicht nur der Architekturforschung sondern auch anderer Disziplinen gelegt. Die TeilnehmerInnen der LVA werden zwar mit architektonischem Schwerpunkt forschen und ihre Ergebnisse erarbeiten, jedoch auch Quellen und Methodologien anderer akademischer Fachrichtungen einbinden. Das Ziel ist, einen wissenschaftlichen Artikel gemäß den Standards internationaler Konferenzen zu erarbeiten.
Ziel
- Einführung in sozial- und kulturwissenschaftliche Aspekte der Architekturforschung.
- Vermittlung methodischer Werkzeuge, um empirische Feldstudien selbständig durchführen und die Ergebnisse verständlich aufbereiten zu können.
Förderung eines besseren Verständnisses für das Verhältnis der BewohnerInnen zu ihrer gebauten Umgebung. Dadurch sollten zukünftige ArchitektInnen konkreter auf die Bedürfnisse und Anforderungen der NutzerInnen von Architektur reagieren können
Das Thema der Forschung sind die historischen Bauten in der Stadt Ulcinj in Motenegro. Ulqin ist seit dem Vertrag von Berlin im Jahre 1887 die südlichste Stadt Montenegros, aber mit einer albanisch sprechenden Bevölkerungsmehrheit. Die Stadt mit ihrer Festung (Kalaja), die ihren Ursprung in einer wahrscheinlich illyrischen Siedlung aus der Bronzezeit hatte, entwickelte sich im Laufe der Jahrhunderte zu einem wichtigen Handelshafen für griechische, römische und nordafrikanische Händler. Durch ihre Geschichte regierten die Römer, Venezianer und Osmanen die Stadt, die jeweils ihre architektonischen und kulturellen Spuren hinterließen. Die heute sichtbare Befestigung stammt aus dem 15. Jahrhundert. In den turmartigen Häuser verschmolzen venezianischen und osmanischen Einflüssen mit traditionellen Balkan-Stilen und Elementen zu einem sehr urban-orientalischen Erscheinungsbild in Häusern und Palästen aus Stein. Das Zentrum dominiert der Balsikturm, eine Kirchenmoschee und der öffentliche Raum des ehemaligen Sklavenmarktes. Nur zwei schwere befestigte Eingangstore führen zu der umgebenen Stadt auf einer spektakulären Hochebene, die sich bis ins Mittelmeer erstreckt. Auf der Landseite entstanden während der osmanischen Zeit im 16. und 17. Jahrhundert mehrere Moscheen (Moschee Sinan Pascha aus dem Jahre 1719, Vrhpazarska-Moschee aus dem Jahre 1749 und Lamin-Pascha-Moschee, 1689) sowie Hammams aus dem Jahre 1754. Die ehemalige Republik Jugoslawien hat auch ihre Spuren in mehreren touristischen Gebäuden von bemerkenswerten modernen architektonischen Stil (Hotel Mediteran, 1966) hinterlassen.
Die Aufgabe ist hier, die historischen Konstruktionen der Gebäude durch unterschiedliche Analysemethoden zu ergründen: Wie wurden die Häuser üblicherweise errichtet? (Methode: z.B. Interviews, anthropologischer Ansatz), Welche Baumaterialien kamen zum Einsatz? (Methode z.B. Baustofftechnische Analyse, Ökologie des Umlandes). Welche klimatischen Einflüsse waren zu berücksichtigen? (Methode z.B. Grundrissanalysen, Nutzungsstudien).
EINFÜHRUNG: Mittwoch 08.03.2017 09:00 Seminarraum 251
Die Lehrveranstaltungen zu dem Modul werden mittwochs zwischen 09:00-13:00 und 14:00-18:00 im Seminarraum 251 abgehalten.
Zur Auswahl steht: Schwerpunkt 1) Gebäudeanalyse oder 2) Stadtanalyse:
Bei 1)
- Zusammenfassung der Ergebnisse der Feldstudie in einer Mappe und - Verfassen eines wissenschaftlichen Artikels, welcher bei einer internationalen Konferenz eingereicht werden könnte- Präsentation des Papers in Pecha Kucha Format
und in LVA LVA 251.748 Vergleichende Architekturgeschichte - Bedeutung von Kulturraum und Identität in der Architektur:- Zusammenfassung der Ergebnisse der Feldstudie in einer Mappe
Bei 2)
- Zusammenfassung der Ergebnisse der Feldstudie in einer Mappe
und in LVA 251.748 Vergleichende Architekturgeschichte - Bedeutung von Kulturraum und Identität in der Architektur:
Die Anmeldung erfolgt über Gruppen-Anmeldung.