Kernphysik mit einem Laser: 229Thorium

01.01.2010 - 31.12.2015
Forschungsförderungsprojekt
Die Grundbausteine der Materie, die Atome, bestehen aus einem Atomkern und einer Elektronenhülle. Beide werden durch ähnliche Prozesse gebildet und in der Physik durch ähnlich Formeln und Modelle beschrieben. Bemerkenswerterweise unterscheiden sich jedoch die Energien, die benötigt werden, um Änderungen (Anregungen) in der Hülle oder im Kern zu erzeugen um viele Größenordnungen. Dementsprechend werden gänzlich verschiedene Methoden und Werkzeuge zu ihrer jeweiligen Untersuchung eingesetzt: Die Atomphysik beschäftigt sich mit Prozessen in der Elektronenhülle und verwendet heutzutage hauptsächlich Laser. Kernphysiker untersuchen den Atomkern und arbeiten mit großen Teilchenbeschleunigern, wie beispielsweise dem CERN in der Schweiz/Frankreich. Das Radioisotop 229Thorium ist das einzige Atom, welches eine Brücke zwischen den bisher getrennten Welten der Atom- und Kernphysik schlagen könnte. Es besitzt einen Anregungszustand des Atomkernes bei derart außergewöhnlich niedriger Energie, dass atomphysikalische Methoden, insbesondere Spektroskopie mit Lasern, eingesetzt werden können. Ziel des vorgestellten Projektes ist es, diesen „optischen“ Kernübergang nachzuweisen und direkt für Anwendungen und grundlegende physikalische Untersuchungen nutzbar zu machen. Unsere "Sekunde" ist derzeit definiert als 9.192.631.770 Schwingungen einer Lichtwelle, die zu einer spezifischen Anregung der Elektronenhülle des Cäsium Atoms führt. Würde man stattdessen eine Anregungsfrequenz des 229Thorium Kernüberganges verwenden, so könnte man die Genauigkeit unseres Zeitstandards um viele Größenordnungen erhöhen, gleichzeitig vereinfacht sich der apparative Aufwand erheblich. Die Konstruktion einer derartigen „nuklearen Atomuhr“ ist Ziel des vorgestellten START Projekts und führt direkt zu erhöhter Präzision in satelitengestützter Navigation (GPS) und höhere Bandbreite in Kommunikationsnetzwerken. Die Frequenz des 229Thorium Kernüberganges ist bestimmt durch die im Atomkern herrschende „Starke Kraft“, im Gegensatz zu allen derzeit verwendeten Frequenzstandards, die auf Prozessen in der Elektronenhülle beruhen. Ein Vergleich einer „nuklearen Atomuhr“ mit einem konventionellen Frequenzstandard ermöglicht daher eine der grundlegendsten Fragen der Physik zu untersuchen: Sind die Konstanten der Natur wirklich konstant? Vergleicht man z.B. zweimal im Abstand eines Jahres, übertrifft man sofort sämtliche Messungen zu Variationen der Feinstrukturkonstanten um einen Faktor 100. Zusammenfassend lässt sich sagen, das atomphysikalische Experimente mit 229 Thorium ein enormes Potential für die Untersuchung grundlegender physikalischer Fragestellungen darstellen, andererseits aber auch direkt zu einer neuen Generation von Atomuhren führen können die weitreichende kommerzielle Verwendung haben. Das vorgeschlagene START Projekt wird am Atominstitut der Österreichischen Universitäten durchgeführt. Hier treffen die weltweit anerkannte Atomphysik Gruppe von Prof. Schmiedmayer und mir selbst auf eine weitreichende Erfahrung und Infrastruktur im Bereich Radiochemie und Kernphysik. Das extrem seltene und flüchtige 229 Thorium kann aus hauseigenen Beständen von 233Uran extrahiert oder direkt im Forschungsreaktor des Instituts erzeugt werden. Eine derartige Kombination von Atom- und Kernphysik ist bis auf wenige Ausnahmen einzigartig in der Welt und bietet optimale Voraussetzungen für den Erfolg des vorgestellten START Projektes.

Personen

Projektleiter_in

Projektmitarbeiter_innen

Institut

Förderungmittel

  • FWF - Österr. Wissenschaftsfonds (National) Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (FWF)

Forschungsschwerpunkte

  • Quantum Metrology and Precision Measurements: 100%

Schlagwörter

DeutschEnglisch
AtomuhrAtomic clock
LaserspektroskopieLaser spectroscopy
FrequenzkammFrequency comb
KernübergangNuclear transition
ThoriumThorium

Publikationen