Chemische Prozesse werden üblicherweise verstanden als den Aufbruch und die Entstehung einer Bindung. Diesen Prozesse, welche ungefähr einige zehn Femtosekunden bis mehrere Mikrosekunden dauern, geht aber die viel schnellere intramolekulare Elektronendynamik voraus. Letztendlich werden chemische Prozesse durch diese Elektronendynamik bestimmt. Das Ziel dieses Projektes ist Methoden der Attosekundenphysik auf die Untersuchung elektronischer Prozesse in Atomen und Molekülen anzuwenden und dadurch eine Brücke vom konventionellen Verständnis der ¿langsamen¿ Chemie zur viel schnelleren ihr zugrunde liegenden Elektronendynamik zu schlagen. Um Zugang zur Dynamik der chemisch relevanten schwach gebundenen Außenschalen-Elektronen zu bekommen, werden wir in diesem Projekt direkt die entstehenden Ionen und Elektronen detektieren. Dazu werden wir den kürzlich in unserem Labor in Wien fertiggestellten und getesteten Apparat für die Rückstoß-Impuls-Spektroskopie kalter Gase (COLTRIMS) verwenden, welcher imstande ist die dreidimensionalen Impulsvektoren aller bei Lasereinwirkung entstehenden Elektronen und Ionen eines einzigen Atoms/Moleküls zu messen. Information über die Attosekundendynamik kann aus den gemessenen Impulsspektra der Ionen oder Elektronen gezogen werden, wenn deren Emission mit einem geeignet schnellen Referenzprozess verknüpft werden kann. Solch ein geeigneter Referenzprozess sind die Oszillationen des elektrischen Feldes eines starken Laserimpulses. Das Ziel dieses Projektes ist die Erforschung der korrelierten Multi-Elektronen Ionisationsdynamik in Atomen und (dissoziierenden) Molekülen. Die Komplexität die Elektronendynamik auf einer Attosekundenzeitskala zu verfolgen steigt dramatisch mit der Anzahl der Elektronen. Um die notwendigen Freiheitsgrade für die Manipulation eines komplexen Multi-Elektronensystems einzuführen, werden wir die COLTRIMS- Experimente mit vollständig kontrollierten, zum Teil zweifarbigen, starken Laserfeldern mit nahezu beliebig bestimmbaren zeitlichem Polarisations- und Phasenverlauf betreiben. Diese Laserfelder werden wir mit Hilfe der in unserem Labor vorhandenen Titan-Saphir Lasersysteme mit stabilisierter Absolutphase (carrier-envelope phase) synthetisieren. Die Kombination von zwei der modernsten und kompliziertesten Techniken ¿ Teilchen-Impulsabbildung und vollständig kontrollierte Laserfelder ¿ wird uns die experimentelle Untersuchung der dem Ionisationsvorgang zugrundeliegenden internen Elektronendynamik ermöglichen. Das Forschungsvorhaben in diesem Projekt läßt sich in zwei Bereiche unterteilen: (1) Rekollisionsfreie Multi-Elektronen Ionisationsdynamik in starken Feldern, und (2) Attosekunden Zeit-Raum-Energie Abbildung der Ionisationsdynamik initiiert durch die Rekollision eines Elektrons. Der erste Teilbereich zielt auf die zeitaufgelöste Untersuchung des Emissionsvorganges mehrerer Elektronen in zirkular polarisierten starken Laserfeldern ab. Indem wir den Multi-Elektronen Ionisationsprozess auf die Dauer einer einzigen Laser- Oszillationsperiode beschränken, können wir die Emissionsrichtung der Elektronen eindeutig auf deren Emissionszeit abbilden und gleichzeitig die mögliche Existenz eines Übergangs von unkorrelierter (sequentieller) zu einer korrelierten Emission studieren. Der zweite Teilbereich ist der zeitaufgelösten Messung der stark korrelierten Doppelionisationsdynamik, initiiert durch die Rekollision eines Elektrons auf das Ion im starken Laserfeld, gewidmet. Indem wir die Trajektorien der rekollidierenden Elektronen sowohl zeitlich als auch räumlich durch die Verwendung speziell synthetisierter Laserfelder kontrollieren, sind wir in der Lage, zusätzlich zum wohlbekannten Zusammenhang zwischen Rekollisionszeit und -energie rückgestreuter elektronischer Wellenpakete, Rekollisionsrichtung und -zeit miteinander durch das Laserfeld zu verknüpfen, was den Informationsgehalt unserer Messdaten signifikant erhöht.