Experimentelle Überprüfung theoretischer Modelle des Flussliniengitters in einem Supraleiter Zusammenfassung: Die vielfältigen Eigenschaften des Flussliniengitters in einem Supraleiter als Funktion verschiedener Parameter wie Magnetfeld, Temperatur und Materialeigenschaften werden seit vielen Jahren von unterschiedlichen Forschergruppen untersucht. Trotz zahlreicher Publikationen sind weiterhin viele Punkte unklar. Es existieren zwar theoretische Modelle, welche verschiedene Aspekte glaubwürdig beschreiben, doch diese müssen durch Experimente untermauert werden. Diese Experimente liefern oft nur unklare Vergleichsmöglichkeiten, da (i) das obere kritische Magnetfeld in vielen Supraleitern experimentell nicht erreicht werden kann, und deshalb nur ein kleiner Ausschnitt des Phasendiagramms für Vergleiche zur Verfügung steht, und (ii) die Defektstruktur der Supraleiter, welche in den theoretischen Modellen eine entscheidende Rolle spielt, kaum bestimmt werden kann. Aus diesem Grund erlauben die meisten Experimente bestenfalls eine qualitative Überprüfung der Theorie. Ziel dieser Studie ist ein quantitativer Vergleich von Theorie und Experiment, der über bisherige Studien hinausgeht. Dies soll durch zwei innovative Punkte erreicht werden. (i) Es sollen tatsächlich alle Parameter der theoretischen Modelle aus den Experimenten zur Verfügung gestellt werden. Dazu werden mit Neutronen bestrahlte Proben untersucht, in denen die Bestrahlungsdefekte die Flusslinienverankerung dominieren, und in denen die Dichte und Größe dieser Defekte durch Elektronenmikroskopie (TEM) bestimmt werden können. (ii) Um zusätzlich die Abhängigkeit von der Defektdichte zu erhalten, werden die Proben unterschiedlichen Neutronenfluenzen ausgesetzt, und nach jedem Schritt untersucht. Magnetische Messungen (z.B. in einem SQUID) liefern verschiedene Eigenschaften (kritische Stromdichte - Jc, Fishtail Effekt) des Flussliniengitters, sowie weitere Parameter, die in die Theorie eingehen. Wir wollen uns in erster Linie auf eine Diskussion des Fishtail Effekts (das ist das zweite Maximum in der Feldabhängigkeit von Jc) konzentrieren, da diese Eigenschaft einen Schlüssel zur Erklärung des gesamten Flussliniengitters darstellen dürfte. Das Verhalten (als Funktion von Temperatur, Feld und Defektdichte) sowie die Absolutwerte von Jc sollen aber ebenfalls mit der Theorie verglichen werden. Weiters soll die Dynamik und Statik der Flusslinien auch direkt durch Rastersondenmikroskopie sichtbar gemacht werden, um die verschiedenen Phasen des Flussliniengitters zu untersuchen. Dabei werden der makroskopische (z.B. Jc) und mikroskopische Zustand der Flusslinien (als Funktion von Temperatur, Feld und Defektdichte) direkt an einer Probe verglichen. Besonders genau untersucht werden jene Bereiche, in denen Phasenübergänge des Gitters (z.B. in der Nähe des Fishtail Effekts) und Phasenvermischung erwartet werden. Bekanntermaßen können supraleitende Eigenschaften (und insbesondere jene des Flussliniengitters) sehr stark von Material zu Material variieren. Weiters ist zu beachten, dass die Anwendbarkeit der meisten theoretischen Modelle von mehreren Materialparametern (z.B. Defektgröße, Kohärenzlänge, ...) abhängt. Es ist deshalb notwendig, die Experimente mit unterschiedlichen Materialien durchzuführen, um eine breite Auswahl von Parametern zu erhalten. Dabei werden in erster Linie verschiedene konventionelle einkristalline Supraleiter untersucht, da diese den Anforderungen der Studie am besten genügen (kleines oberes kritisches Magnetfeld, wenig Defekte im unbestrahlten Zustand), doch sollen Hochtemperatursupraleiter ebenfalls berücksichtigt werden.