Biotreibstoffe der zweiten Generation („Lignozelluloseethanol“) sind eine vielversprechende Alternative zu klassischen fossilen Energiequellen und konkurrieren im Gegensatz zu diesen dessen nicht mit der Versorgung an Nahrungs- und Futtermitteln, noch benötigen sie zusätzliche landwirtschaftliche Nutzflächen. Dieser Vorteil beruht darauf, dass die verwendeten Rohmaterialien lignozellulosehältige Bioabfälle (LBA) sind.
Lignozellulose ist der weltweit am häufigsten vorkommende nachwachsende Rohstoff und häuft sich als Abfallprodukt in der Landwirtschaft (z.B. Getreidestroh, Maisstiele, Sojabohnenreste und Bagassse), der Industrie (z.B. der Papierindustrie), der Forstwirtschaft und Holzverarbeitung an und ist in kommunalem Abfall enthalten. Lignozellulose hat schätzungsweise einen ca. Anteil von 50 % an der weltweit vorhandenen Biomasse (dies entspricht 10 – 50 Mrd. Tonnen). Diese Menge ist mehr als ausreichend um den Bedarf an diesem Rohstoff für die Chemikalien-, Materialen- und Treibstoffherstellung zu decken.
Ein kommerzieller Biotreibstoff/Bioraffinerieprozess ist mehrstufig: i) physikalische und/oder chemische Vorbehandlung der LBA (zur Ligninabtrennung und Erhöhung der Wasserlöslichkeit), ii) enzymatische Hydrolyse der LBA (zur Depolymerisierung der (Hemi)zellulose) und iii) Vergärung der so erhaltenen Monosaccharide zu Ethanol.
Die Menge an hydrolytischen Enzymen, die für eine effiziente Hydrolyse von LBA benötigt wird, ist sehr hoch und daher ein kritischer Faktor für die Rentabilität des Produktionsprozesses. Einer der meistverwendeten Organismen zur industriellen Herstellung dieser Enzyme ist der filamentöse Pilz Trichoderma reesei. Derzeit benötigen entsprechende biotechnologische Verfahren den Zusatz von induzierenden Substanzen zum Fermentationsmedium von T. reesei zur Aktivierung der Enzymherstellung im Pilz. Diese Induktorsubstanzen müssen in einem weiteren Prozess erzeugt werden, was eine erhebliche Kostensteigerung bewirkt. Darüber hinaus hemmen Glukose und hohe D-Xylosekonzentrationen (die dominanten Endprodukte der Hydrolyse von LBA) die Enzymproduktion, sogar in Stämmen bei denen die Cre1-vermittelte Kohlenstoffkatabolit-repression eliminiert wurde. Im vorgeschlagenem Projekt sollen diese Nachteile ausgeräumt werden. Konkret ist geplant einen chimären Transaktivator bzw. eine synthetische Signaltransduktionskaskade auf Basis des Xylanase Regulators 1 aus T. reesei, dem humanen Östrogenrezeptor und dem LexA Operator aus Escherichial coli zu konstruieren. Die rekombinanten Stämme, die diesen Faktor bzw. diese Kaskade beinhalten, erlauben es: i) auf eine billigere Induktorsubstanz (Estradiol) zurückzugreifen, ii) wodurch außerdem der zusätzliche Prozessschritt der Induktorerzeugung entfällt, iii) eine Produktion von LBA-hydrolysierenden Enzymen entkoppelt von Kohlenstoffkatabolitrepression, iv) und damit die Verwendung von billigen Kohlenstoffquellen (z.B. Lignocellulosehydrolysate bestehend aus Glukose, D-Xylose und L-Arabinose) für die Produktion von LBA-hydrolysierenden Enzymen.