Frauenbiographien
Identitätskonstruktionen in männlich vs. weiblich dominierten Berufen
Das vorliegende Forschungskonzept sieht einen Vergleich der Identitätskonstruktionen von Frauen in männerdominierten Berufsfeldern (Technik/Wissenschaft) und Frauen in frauendominierten Berufsfeldern (Pädagogik) vor. Hierbei sind die folgenden Fragestellungen forschungsleitend: Wie sehen weibliche Biographien innerhalb dieser zwei Berufsfelder aus? Wie gehen Frauen mit ihrer Rolle in den jeweiligen Berufsfeldern um? Inwiefern wird Identität in den beiden Feldern unterschiedlich konstruiert und wie hängen berufliche Gender-Aspekte mit der generellen Konstruktion der eigenen Biographie der Frauen zusammen?
Die Vorgehensweise lehnt sich an die Grundsätze der Figurationssoziologie (Elias 1987) an und setzt die handelnden Frauen und deren Erleben und Deuten in den Mittelpunkt. Mittels narrativ-biographischer Interviews (Schütze 1983) werden die beiden Berufsgruppen miteinander verglichen und konfrontiert. Hierbei wird ein Teil des Samples zur Erzählung des eigenen Lebens- und Berufsverlaufs aufgefordert. Ein zweiter Teil des Samples wird mit Lebensgeschichten der zuvor befragten Frauen konfrontiert und ebenfalls aufgefordert, über den eigenen Weg zu berichten. Die Frauen des zweiten Samples sind somit im besonderen Maße gefordert, eine Einordnung bzw. Abgrenzung ihres Lebens und ihrer Entscheidungen vorzunehmen, wodurch eine Art „Aushandlung“ mit der eigenen Biographie sichtbar wird (Appelsmeyer 1996).
Den Hintergrund der Studie bilden einerseits die Theorie der „doppelten Vergesellschaftung“, die Frauen im Spannungsfeld zwischen Beruf und Familie verortet (Becker-Schmidt 1987, 2004) andererseits auch die anhaltende Segregation der Arbeitswelt in weibliche bzw. männliche konnotierte Berufsgruppen (u.a. Wetterer 2002). Darüber hinaus basiert das Forschungsvorhaben auf einer kürzlich durchgeführten Studie weiblicher Karriereverläufe in technisch/naturwissenschaftlichen Berufen. Die Resultate der Studie zeigten Selbst-konzeptionen der Frauen, die sich entlang der Dimension des „Anders-Seins“ definieren. (Haas, Keinert et al. 2011). Die im Antrag skizzierten Überlegungen basieren daher auf der Annahme, dass jede Profession über spezifische Rollenerwartungen und Vorstellungen verfügt, die Identitätskonstruktionen wesentlich mitbestimmen bzw. mit ihnen interagieren.
Ziel ist es, Wechselwirkungen zwischen Identitätskonstruktionen und der Einbettung in die beiden (weiblich bzw. männlich konnotierten) Berufsgruppen herauszuarbeiten und somit die Themenstränge Biographie, Gender und Profession stärker miteinander zu verbinden. Des Weiteren entstehen dadurch Überlegungen zur heutigen „Normalbiographie“ von Frauen.