Steuerbare Materialien: Oberflächen, die ihre Durchlässigkeit gezielt ändern können
In ihrem aktuellen Forschungsprojekt untersucht Carina Karner Materialen, die ihre Poren auf der Mikroebene durch äußere Einflüsse adaptiv öffnen und schießen können. Wie so oft liefert die Biologie dabei die Inspiration. Die Zellwände in unserem Körper bestimmen präzise, welche Stoffe in die Zelle gelangen und welche sie wieder verlassen. Ob ein Stoff die Zellwand passieren darf, hängt dabei nicht nur von der Größe seiner Moleküle und deren Zusammensetzung ab, sondern auch von äußeren Einflüssen. So kann die Temperatur oder der pH-Wert die Durchlässigkeit der Zellmembran stark verändern. Das ermöglicht die feine Regulierung lebenswichtiger Prozesse.
In ihrem Projekt “Building Colloidal Surfaces with Responsive Pores” überträgt Carina Karner dieses Prinzip auf künstliche Materialien. Sie entwickelt Oberflächen, die sich flexibel an ihre Umgebung anpassen können. Je nach Temperatur oder pH-Wert verändern sie gezielt ihre Durchlässigkeit. Möglich wird dies durch die Zusammensetzung dieser Oberflächen. Sie bestehen aus winzigen – nur Mikrometer großen – Bausteinen, sogenannten kolloidalen Partikeln, die über spezielle bewegliche Verbindungsstellen – „Patches“ – miteinander verbunden sind. Diese Patches reagieren auf äußere Einflüsse: Sie können sich verschieben und als Ankerpunkt für Drehungen der Partikel dienen und regulieren so die Porenstruktur der Oberfläche.
Eine der größten Herausforderungen besteht darin, diesen Prozess gleichmäßig auf der gesamten Oberfläche zu steuern. Nur wenn sich die Poren kontrolliert und stabil öffnen oder schließen, ist das Material zuverlässig und funktional. Um dies zu gewährleisten, setzt Karner auf modernste Forschungsmethoden. Mithilfe von Simulationen der Molekulardynamik und maschinellem Lernen analysiert sie präzise, wie sich die Partikel verhalten und welche äußeren Bedingungen optimale Ergebnisse liefern.
Mit ihrer Forschung schlägt Carina Karner eine Brücke zwischen Grundlagenforschung und praktischer Anwendung. Ihre Ergebnisse könnten den Weg für intelligente Filter ebnen, die Partikel gezielt je nach äußeren Einflüssen durchlassen oder blockieren. Solche Materialien haben das Potenzial, zahlreiche neue Technologien zu ermöglichen – von maßgeschneiderter Filtration bis hin zu adaptiven Oberflächen für die Umwelttechnik oder die Medizintechnik.