Elementorganische Gerüstverbindungen sind eine recht junge Klasse nanoporöser anorganisch-organischer Hybridmaterialien und weisen großes Potential in der heterogenen Katalyse auf. Dabei sind Zinn-basierte Materialien von Bedeutung in Anlehnung an die bekannten katalytischen Eigenschaften Sn-dotierter Zeolithe. Unter Nutzung der aktiven Lewis-aciden Zentren wird in jüngerer Zeit insbesondere die Transformation biomassebasierter Plattformchemikalien untersucht und besonders mit der Isomerisierung von Sacchariden ein relativ junges Gebiet für die heterogene Chemokatalyse erschlossen. Die Sn-organischen Gerüstverbindungen (Sn-organic framework – Sn-OF) besitzen aktive Sn-Zentren eingebettet in eine organische Matrix, deren innere Oberflächenchemie sich deutlich von der der Zeolithe unterscheidet. In Vorarbeiten wurde gezeigt, dass die Sn-OF eine hohe Aktivität für die Umsetzung von Zuckern aufweisen. Allerdings wird statt der Isomerisierung von Aldosen zu Ketosen bevorzugt die Epimerisierung der Aldosen katalysiert. Diese inverse Selektivität erklärt sich durch einen anderen zugrunde liegenden Reaktionsmechanismus, der vermutlich durch die Art der aktiven Zentren und deren chemische Umgebung definiert wird. Mit dieser selektiven Epimerisierung wird eine Vielzahl von seltenen Aldosen für den Einsatz in der Pharmazie und Lebensmittelindustrie zugänglich. Im Rahmen des Projekts wird dieses katalytische System aufgegriffen und in direkter Kooperation zweier Arbeitsgruppen der Technischen Chemie von der TU Darmstadt und der RWTH Aachen komplementär bearbeitet. An der TUDA wird die Sn-OF-Synthese systematisch modifiziert, um die Art und Anzahl der aktiven Zentren in Form von Defekten zielgerichteter herzustellen. Über eine zweite Syntheseroute werden neue Materialien mit exakter definierten aktiven Zentren entwickelt und umfassend charakterisiert. Die Epimierisierungskatalyse wird in einem kontinuierlich betriebenen Festbettreaktor untersucht, um reaktionstechnische Kenngrößen zu ermitteln und die technische Realisierbarkeit zu evaluieren. Bei höheren Temperaturen wird die Bildung kürzerkettiger Nebenprodukte für andere biobasierte Wertschöpfungsketten untersucht. An der RWTH stehen mechanistische Untersuchungen der Epimerisierung im Fokus sowie die Charakterisierung der aktiven Zentren, um systematisch Struktur-Aktivitäts-Beziehungen für eine gezielte Weiterentwicklung der Katalysatoren abzuleiten. Schließlich wird über den Ansatz einer präparativen Katalyse die Herstellung seltener Aldosen durch die Epimerisierung optimiert. Insgesamt behandelt das Projekt einen innovativen Ansatz auf Basis eines neuen Katalysatorsystems für die selektive Transformation von Monosacchariden. Dabei vereint es eine weiterführende Grundlagenforschung für neue Katalysatormaterialien mit der wissensbasierten Entwicklung eines neuen heterogenkatalytischen Prozesses für die Nutzung nachwachsender Rohstoffe in neuen Wertschöpfungsketten.