Die Planung industrieller Fertigung ist heute primär vom Ziel einer optimalen Auslastung der Produktionsanlagen unter Berücksichtigung der zeitlichen Vorgaben für die einzelnen Aufträge getrieben. Überlegungen zum optimierten Einsatz von Energie spielen dabei, wenn überhaupt, z.B., in der Vermeidung von Lastspitzen, nur eine untergeordnete Rolle.
Das ehrgeizige Ziel einer 100%-Versorgung aus erneuerbarer Energie (#mission 2030) ändert jedoch die Erzeugungsstruktur wesentlich. Durch die Neuausrichtung der Energieversorgung tritt der Energieträger Strom immer stärker in den Vordergrund. Viele Bereiche, die derzeit mit fossilen Energieträgern betrieben werden, werden schrittweise auf Strom umgestellt. Dies reicht von Heizungssystemen über Prozesswärme bis hin zur Mobilität. Bei einem höheren Strombedarf bedeutet die Volatilität von erneuerbarer Energie für industrielle Anlagen, dass eine Produktionsplanung zwingend die Verfügbarkeit von Energie berücksichtigen muss, damit die übergeordneten Ziele der Mission 2030 erreichbar sind. Mit dem Ausbau erneuerbarer Energien geht der Grundlastanteil der Kraftwerkskapazitäten zurück, und die Energieerzeugung wird zunehmend volatil. Ein fixes Lastprofil ist unter diesen Umständen oft nicht mehr realistisch, vielmehr sollte die Last an die verfügbare Energie angepasst werden.
Das primäre Ziel und Innovation des Projekts ist es, die Möglichkeit zu schaffen, dass Produktionsanlagen ihre Fertigungsschritte nach vorgegebener, dynamischer Energieverfügbarkeit so planen, dass ein netzseitig vorgegebenes Energieerzeugungsprofil zu mehr als 95% eingehalten wird, d.h., dass es bei gleichzeitig effizienter und ökonomischer Auslastung der Fertigungsressourcen nicht überschritten, aber auch möglichst vollständig genutzt wird. Die Fertigung wird daher zu einer planbaren Last im Stromnetz. Dies ist sowohl für die Fertigungsplanung als auch die Stromnetze eine wesentliche Innovation, die es erlaubt, Zuverlässigkeit und Sicherheit der Prozesse zu gewährleisten und negative Auswirkungen bis hin zur Instabilität des Energiesystems auszuschließen. Die große Herausforderung liegt dabei in der Berücksichtigung der Prognoseunsicherheit der Energieerzeugungsprofile, die mit zunehmendem Planungshorizont zunimmt.
Das Ziel wird durch einen iterativen Planungsprozess erreicht, in dem die Fertigungsplanung für unterschiedlich wahrscheinliche Energieerzeugungsprofile durchgeführt wird. Die Ergebnisse werden im Hinblick auf die Einhaltung der Vorgaben bewertet, und der beste Plan wird sukzessive an die sich ändernde Prognoseunsicherheit angepasst. Adaptive, durch Methoden des maschinellen Lernens optimierte Energieverbrauchsmodelle erhöhen die Genauigkeit der Planung, und die Berücksichtigung von produktionsabhängigen Energiespeicher- und Rückgewinnungsmöglichkeiten verbessert die Gesamteffizienz. Das vorgestellte Konzept soll dabei eine energieabhängige Fertigungsplanung sowohl für einzelne Fertigungsprozesse ermöglichen, als auch entsprechend skalierbar sein, sodass mehrere unabhängige Prozesse an ein übergeordnetes Gesamtenergieprofil angepasst werden können.
Im Rahmen des Projektes erfolgt sowohl eine simulationsgestützte Analyse des Systems, als auch ein industrieller Laborversuch in der geplanten Batterie-Fertigung von AVL. Die Ergebnisse haben daher hohe Gültigkeit für die gesamte Sachgüterproduktion. Eine weitere Verallgemeinerung auf andere Branchen (z.B. Lebensmittelproduktion, Logistik) wird zusätzlich kontinuierlich überprüft.
Das Projekt ist Teil des CELTIC-NEXT-Projekts IEoT (Intelligent Edge of Things) und stellt dort einen zentralen Use Case dar.