Wie sich Materialien auf kleinster Skala verhalten – wie sich Atome an Oberflächen umordnen und wie sie auf ihre Umgebung und auf äußere Reize reagieren – lässt sich schon recht gut verstehen: mit Methoden der Quantenmechanik können relativ einfache Prozesse modelliert und mit wohlkontrollierten Experimenten verglichen werden. Wenn Systeme aber komplexer werden, z.B., wenn viele Elemente in einem Material enthalten sind oder wenn die Oberfläche einer Gasatmosphäre oder Flüssigkeit ausgesetzt ist, dann stoßen diese Methoden rasch an ihre Grenzen.
Im Spezialforschungsbereich TACO arbeiten experimentelle und theoretische Gruppen aus Physik und Chemie der TU Wien und Universität Wien eng zusammen, um solche Methoden einen großen Schritt vorwärts zu bringen. Dabei werden insbesondere Ansätze des maschinellen Lernens eingesetzt, die Modellrechnungen drastisch beschleunigen können.
Das Projekt konzentriert sich dabei auf Oxide, also Verbindungen von Metallen mit Sauerstoff. Diese Materialien gehören zu den häufigsten anorganischen Stoffen auf unserer Erde. Je nach Zusammensetzung ändern sie ihre chemischen und physikalischen Eigenschaften. Dies ist Fluch und Segen zugleich: Die Vielzahl ihrer Strukturen, gerade an der Oberfläche, sind besonders schwierig mit herkömmlichen Modellen in den Griff zu bekommen. Andererseits ermöglicht es diese weite Bandbreite, Materialeigenschaften zu erzielen, die für technologische Anwendungen maßgeschneidert sind.
Oxide kommen in der Energiespeicherung, bei der Umwandlung von Sonnenenergie in chemische Energie und in Katalysatoren zum Einsatz. Gerade in diesen Gebieten hakt es oft daran, dass die zugrundeliegenden Prozesse und Phänomene gut verstanden werden müssen, um bessere Konzepte realisieren zu können. Die im SFB entwickelten Methoden und Forschungsergebnisse sollen einen wesentlichen Beitrag zu diesem besseren Verständnis leisten.
Das Projektteam hat eine Vielzahl von experimentellen Methoden zur Verfügung und kann damit ein Material unter verschiedensten Bedingungen untersuchen– von Einkristallen im Vakuum bis zu technischen Pulverproben unter Reaktionsbedingungen. Eine wichtige Rolle spielen sogenannte ‚hand-shake‘ Methoden, die von allen beteiligten Arbeitsgruppen gleichermaßen benützt werden. Damit ist die Übertragbarkeit der Ergebnisse gewährleistet.
Die theoretischen Arbeitsgruppen wenden verschiedene Ansätze des maschinellen Lernens an, von der Vorhersage der Struktur bis hin zur Modellierung von Oberflächenreaktionen und -spektren. Diese Methoden werden in enger Zusammenarbeit mit den experimentellen Gruppen getestet und verfeinert.