In der Troposphäre (streng genommen in der neutralen Atmosphäre bis 80 Kilometer Höhe) sind die Signale der Globalen Satellitennavigationssysteme (GNSS) wie des amerikanischen Global Positioning System (GPS) oder des europäischen Systems Galileo langsamer als Lichtgeschwindigkeit. Falls man diese troposphärischen Verzögerungen nicht korrigiert, werden die Distanzen zwischen Stationen auf der Erde und den GNSS Satelliten um bis zu 20 Meter zu lang geschätzt und die Positionsgenauigkeit wird dementsprechend verschlechtert. Generell führen Fehler im Modell für die troposphärischen Laufzeitverzögerungen zu Fehlern in den Stationskoordinaten. Dadurch wird nicht nur die Navigation beeinflusst, welche oft nur Dezimeter- oder Metergenauigkeit anstrebt, sondern auch die Realisierung von globalen terrestrischen Referenzrahmen, welche Millimetergenauigkeit benötigt, zum Beispiel für die exakte Bestimmung des Meeresspiegelanstiegs.
Die Technische Universität Wien (TU Wien) ist weltweit bekannt für die Erzeugung und Verbreitung der genauesten globalen Modelle für die troposphärischen Laufzeitverzögerungen. Diese Modelle beinhalten die Vienna Mapping Functions (VMF1), welche aus operationellen Daten des European Centre for Medium-Range Weather Forecasts (ECMWF) bestimmt werden und für bestimmte geodätische Stationen und globale Gitter mit einer zeitlichen Auflösung von sechs Stunden zur Verfügung gestellt werden, sowie empirische Modelle wie die Global Mapping Functions (GMF) und Modelle der Global Pressure and Temperature (GPT) Serie, die keine weiteren Eingabeparameter brauchen.
Das Hauptaugenmerk des Projekts Radiate ORD als Einreichung beim Call für "Open Research Data Initiatives" des Österreichischen Wissenschaftsfonds (FWF) wird darauf gelegt, dass das bestehende Service so angepasst und erweitert wird, dass es vollständig den Richtlinien der Open Access Strategie entspricht. Daher beschäftigt sich Radiate ORD mit der Konsolidierung und Verfestigung aller Prozesse, die notwendig sind, um die wissenschaftlichen Daten verlässlich zu erzeugen und entsprechend der Open Access Richtlinien zur Verfügung zu stellen. Auf technischer Seite beinhaltet das die Verbesserung und Modernisierung des Ablaufs mit stabilen Backup-Einrichtungen. Außerdem muss der Zugang zum Repositorium an der TU Wien verbessert werden, indem Metadaten hinzugefügt werden und klare Strategien zur Versionsverwaltung und zum Updaten der Daten entwickelt werden.
Darüber hinaus werden wir die Möglichkeit untersuchen, die Erzeugung der VMF1 Daten vollständig auf die Systeme des ECMWF zu verlagern, entweder mittels Berechnung a posteriori aus archivierten Daten oder auch als reguläre Parameter der operationellen Berechnungsabläufe des ECMWF. Außerdem werden wir Webtools zur Verfügung stellen, damit interessierte Benutzer unser Stahlverfolgungsprogramm für beliebige Beobachtungen nutzen können, und wir werden die Koeffizienten der VMF1 auch für Satellite Laser Ranging (SLR) bestimmen, damit eine konsistente Modellierung zwischen den optischen und Mikrowellenverfahren möglich ist.