Nach positiver Absolvierung der Lehrveranstaltung sind Studierende in der Lage, grundlegende wissenschaftliche Arbeitsweisen und Methoden der Archäometrie, speziell der Archäoseismologie in der Historischen Bauforschung zu beurteilen und anzuwenden, Schadensbilder als Folge von Erdbeben zu erkennen und lesen und deren Ursachen und Folgen kritisch zu hinterfragen.
Architektur transdisziplinär ::
ARCHÄOSEISMOLOGIE und KATASTROPHENRISIKOMANAGEMENT
Erdbeben gehören in ihren Folgen wohl zu den verheerendsten Naturkatastrophen, denen der Mensch – nicht zuletzt in den Städten – ausgesetzt ist. Die dabei verursachten Schäden und der Versuch, diese im Fall zukünftiger seismischer Bewegungen zu mindern, prägen vielerorts das Bild von Architektur und Stadt. Sie sind ausschlaggebend für die Verwendung von Baumaterial und Konstruktion, Bautypologien und Erschließungssysteme, aber auch für Transformation und funktionierende Resilienz der Städte.
Diesem Phänomen nachzuspüren, ist Aufgabe der Lehrveranstaltung. Dabei reichen die Methoden von der Mauerwerksanalyse vor Ort (Ablesen der Mauerwerksstratigraphie und Interpretation der Schadens-/Rissbilder, Untersuchung der Mechanik des Mauerwerks) bis hin zur Archivarbeit.
Die Archäoseismologie betrachtet die Effekte und Ursachen der historischen Erdbeben einerseits aus einer mechanischen Perspektive, kann aber andererseits in der Analyse der Schadensmuster in historischen Gebäuden und im interdisziplinärer Austausch zur Optimierung in moderner Bautechnik und Erdbebenschutz beitragen sowie zukünftige Richtlinie zum erdbebensicheren Bauen definieren.
> Die Termine sind folgende:
Unser erstes Treffen findet am Samstag (13. Nov.) von 9:30 bis 12:30 Uhr statt, mit einer Einführung zum Thema und einem kleinen Workshop.
Die nächsten beiden Termine sind “zwei lange Samstage" (20.11 und 27.11) als eine Art “Studientage”, jeweils von 9:00 bis ca. 18:00 Uhr: es handelt sich um ein Workshop-Format mit praktischen Übungen und Diskussion sowie Gastvorträgen von KollegInnen.
Die Benotung erfolgt auf der Grundlage Ihrer Ergebnisse in den praktischen Übungen, Ihrer Diskussionsbeiträge in den Workshops sowie eines knappen Projektpapers.
Die Lehrveranstaltung setzt sich wie folgt zusammen:
Theorie/Grundlagen:
- Vorlesungen zur Einführung in die Thematik
- weitere Impulsvorträge als Vorbereitung für die praktischen Übungen
- ExpertInnen - Interviews
Praxis:
- Bauwerkserfassung, Erkennen seismischer Einwirkungen und Analyse seismisch bedingter Schäden
- Interpretation seismischer Effekte (ausgewählte Beispiele)
- Rekonstruktionsversuche (Bauphasen, Einsturzphasen, Ursachen und Folgen)
- Fotodokumentationen und 3D-Modelle (SFM-Verfahren)
- Schadenskartierungen (Identifizierung von seismischen Auswirkungen auf ein Monument/Denkmal – Risse, Verformungen etc. in Mauerwerk und Konstruktion)
- Erkennen historischer Reparaturen als präventive Maßnahmen
- Instabilitätsanalyse: Mechanik des Mauerwerks
- Diskussion von Fallbeispielen aus Antike und Mittelalter
Diese LVA wird den TeilnehmerInnen des 251.691 Moduls Baugeschichte Bauforschung als Ergänzung empfohlen ...
ad Dr. Laura Pecchioli:
In ihrer akademischen und beruflichen Laufbahn als Architektin legte Dr. Laura Pecchioli ihren Fokus auf die Restaurierung von Denkmälern und Technologien zur Erhaltung archäologischer Stätten und war an verschiedenen interdisziplinären Forschungsprojekten im Bereich "Archäologische Bauforschung" beteiligt. In Folge spezialisierte sie sich auf den Themenkomplex "Historische Erdbeben" und beschäftigt sich hier besonders mit archäologischen und denkmalpflegerischen Fragen in Zusammenhang mit in Folge von Naturkatastrophen und bewaffneten Konflikten entstandenen Schadensbildern historischer Architektur, nicht zuletzt im Bereich Cultural Heritage.
Dr. Pecchioli hat ihr Studium der Architektur (mit Schwerpunkt Denkmalpflege und Archäologische Restaurierung) an der Universität in Florenz abgeschlossen und arbeitete in Folge dort auch als Assistentin und Dozentin. An der Humboldt-Universität Berlin konnte sie dann in den Bereichen Archäoseismologie und Bautechnik Erfahrungen in der Lehre und in der Koordination von studentischen Arbeitsgruppen sammeln. Im Rahmen eines Europäischen Ph.D. in Technology and Management in Cultural Heritage an TU-Berlin und IMT Advanced Studies Lucca entwickelte sie eine Methode zur Erfassung räumlicher Daten und deren Archivierung, die in verschiedenen Projekten sowohl im archäologischen als auch im musealen Bereich Anwendung findet. So konzipierte Dr. Pecchioli auch das neue Museum der Priscilla-Katakomben in Rom im Auftrag der Pontificia Commissione di Archeologia Sacra. Derzeit forscht sie an der Humboldt-Universität zu Berlin mit den Schwerpunkten "Archäoseismologie" und "Urbane Resilienz", arbeitet an ihrer Habilitation und entwickelt Projekte im Bereich Katastrophenrisikomanagement.
Dr. Laura Pecchioli kann eine Vielzahl internationaler Veröffentlichungen vorweisen, sie ist Herausgeberin und Verlegerin von Fachzeitschriften im Bereich Kulturerbe und Seismologie, Gutachterin und Mitglied mehrerer wissenschaftlicher Kommissionen zum Thema "Wiederaufbau nach Katastrophen und Seismik".