Ror Wolf, Collage, aus ders., Collagen (Romanfabrik, 2014).
Die Gefährlichkeit der grossen Ebene oder Wie artikuliert man eine Haltung in der Architektur
In diesem Seminar nehmen wir einen literarischen Text als Ausgangspunkt und als Material: Ror Wolf, Die Gefährlichkeit der großen Ebene (Suhrkamp, 1976). Anhand dieses Textes machen wir Sprachübungen darin, was es heißt, Theoretiker zu sein und eine Haltung einzunehmen. Es geht darum, sich in etwas zu üben, und sich dabei ein "Wissen" anzueignen, welches in erster Linie ein Können ist. Damit meinen wir ein Wissen, das sich nicht über einen Gegenstand definiert, sondern über Fertigkeiten, die in einem Gegenstand zusammenfliessen - und die jeweils mehr oder weniger gut "gekonnt" sind.
Wir wollen damit erörtern inwiefern Theorie
1) nie "nützlich" ist bevor sie sich "etabliert" hat,
2) eine Verquickung zwischen Wirklichkeit und Vorstellungskraft voraussetzt,
3) eine Entfremdung vom Gewohnten erzeugt und damit ebenso vielversprechend wie unbequem ist.
Wir wollen auf zwei Ebenen vorgehen:
Mit einem kontextualisierenden Augenmerk wollen wir Wolf¿s Thema der großen Ebene in einen aktuellen Theorie-Kontext stellen: Wir diskutieren Hans Blumenberg s "motivische" Anekdote zur Legitimität von Theorie in Das Lachen der Thrakerin; die Vorstellungen einer Flat Ontology, wie sie von Manuel de Landa, Bruno Latour, Graham Harman und anderen derzeit entwickelt wird; Wendy Chung s Begriff des Code Logos; Michel Serres Begriff des stellvertretenden Objekts; Hannah Arendt s Notizen zum historiographischem Schreiben; und Martin Heidegger s Begriff des Weltbildes. Wir werden jede Woche einen Text lesen und im Seminar besprechen.
Mit methodischem Augenmerk nehmen wir einen gegebenen Text und schlüpfen in seine sprachliche Haut: wir üben uns in etwas, was wir provisorisch als die architektonische Kunst der Artikulation, oder anders herum: als geometrische Konjugations- und Deklinationsfertigkeit im Vertreten eines Standpunktes nennen wollen.
Wir werden mehrmals, jede/r einzeln, die ersten 3 Seiten von Wolf¿s Text umschreiben: Wie müssen die Worte im Text lauten, wenn man auf einer Kugel balanciert? im Zentrum eines Kreises steht? auf einem Sockel Fuss fasst, oder auf einem kippenden Rechteck versucht, das Gleichgewicht zu halten? von der Kraft eines Parallelograms erfasst wird, oder sich in eine Wolke aufgelöst hat?
Wir werden am Anfang und gegen das Ende des Semesters einen Übungs-Workshop mit dem Theaterautor Sebastian Michael organisieren, der uns im kreativen Schreiben schulen kann. (Termine: 22.3 und 31.5)
Präsentationen:
29.3 Serres: Theorie des Quasi Objekts
05.4 Dieter: Stasis
26.4 Harman: Road to Objects
03.5 Chung: You + Invisibly Visible, Visibly Invisible + On Sourcery and Source Codes
10.5 Serres: Einleitung Interferenzen + A Short Tall Tale
17.5 Heidegger: Zeit des Weltbildes
24.5 Serres: Kommunikationsnetz Penelope
14.6 Koolhaas: Bigness and the Problem of Large
Das Seminar findet Mittwochs 2-4 pm statt.
Erstes Treffen: 15. März 2017, ATTP Seminarraum
Beachten Sie beim Verfassen der Ausarbeitung bitte die Richtlinie der TU Wien zum Umgang mit Plagiaten:
https://www.tuwien.ac.at/fileadmin/t/ukanzlei/Lehre_-_Leitfaden_zum_Umgang_mit_Plagiaten.pdfBeachten Sie beim Verfassen der Ausarbeitung bitte die Richtlinie der TU Wien zum Umgang mit Plagiaten:
Leitfaden zum Umgang mit Plagiaten (PDF)Beachten Sie beim Verfassen der Ausarbeitung bitte die Richtlinie der TU Wien zum Umgang mit Plagiaten:
Leitfaden zum Umgang mit Plagiaten (PDF)
Begleitend erwarten wir, dass Sie eine Seminararbeit verfassen, in der Sie sich in je eigener Weise, und ausgehend von der besprochenen Literatur, mit dem Thema "Wie artikuliert man eine Haltung in der Architektur" auseinandersetzen (Bachelor Studenten 8-10 Seiten, Master Studenten 15-20 Seiten).
Die Idee zur Seminararbeit soll in der Mitte des Semester vorgestellt werden.
Als Einführung resp. Vertiefung ins wissenschaftliche Schreiben wird ein Leitfaden zum Verfassen einer Seminararbeit bereitgestellt, und es werden Betreuungssitzungen (nach individuellen Termin-Vereinbarung) angeboten.
Es wird ein Reader zur Verfügung gestellt mit folgender Literatur:
Ror Wolf, Die Gefährlichkeit der großen Ebene (Suhrkamp, 1976). Auszüge.
Hannah Arendt´s Briefkorrespondenz mit Eric Voegelin über ihr Buch Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft (1955). Auszüge.
Hans Blumenberg, Das Lachen der Thrakerin. Eine Urgeschichte der Theorie. Suhrkamp, Frankfurt am Main, 1987. Auszüge.
Wendy Chung, Programmed Vision, Software and Memory (MIT Press, 2011).
Graham Harmann, „The Road to Objects“ in: Continent, Issue 1.3 / 2011: 171-179.
Martin Heidegger, „Die Zeit des Weltbildes“ (1938) in: Gesamtausgabe. Bd. 5 : Holzwege. Frankfurt (Main): Klostermann, 1977, S. 87-88.
Rem Koolhaas, "Bigness and the Problem of Large,” in: Rem Koolhaas, and Bruce Mau, S, M, L, XL, New York: Monacelli Press, 1995, p. 494-516.
Bruno Latour, "Reflections on Etienne Souriau’s Les différents modes d’existence," in: Levi Bryant, Nick Srnicek and Graham Harman (eds.), The Speculative Turn: Continental Materialism and Realism, re.press, Melbourne 2011, p. 304-332.
Michel Serres "Einleitung" in Interferenz, Hermes II, Merve, Berlin 1992 [1972], p. 7-18.
Michel Serres, "A Short Tall Tale" and „The object of this book“ in Genesis, University of Michigan Press, Ann Arbor, 1995 [1982], p. 1-8.
Michel Serres, "Einleitung. Das Kommunikationsnetz: Penelope" in Kommunikation, Hermes I, Merve, Berlin, 1991 [1968], S. 9-23.
Michel Serres, "Theorie des Quasi-Objekts" in Der Parasit, Suhrkamp, 1987 [1981], S. 344-360.