Woher kommt die "gute wissenschaftliche Praxis" (GWP) überhaupt, und warum ist deren Sicherung nicht nur für das gesamte Universitätspersonal, sondern auch für alle Studierende so wichtig? Wie verhält sich "gute wissenschaftliche Praxis" zu "akademischer Integrität" und "Forschungsethik"? – Die Vorlesung beschäftigt sich überblicksartig…
- mit den grundlegenden Regeln guter wissenschaftlicher Praxis (diese können gruppiert werden in: 1. ethisch korrekte [Angabe der] Autorschaft; 2. Zitierregeln, 3. Gütekriterien für empirisches Arbeiten; 4. gute Review- und Beurteilungspraxis; 5. Regeln für Publikationen; 6. Dokumentations- und Aufbewahrungspflichten)
- als auch mit den vielfältigen Formen möglichen wissenschaftlichen Fehlverhaltens im Allgemeinen (wie etwa Plagiat, Engagieren eines Ghostwriters, Engagieren eines Ghostcoders, unethischer Autorschaft, Datenmanipulation, Datenfabrikation, Sabotage, Inanspruchnahme unseriöser Promotionsvermittlung, Falschangaben zu Ausbildungswegen, Titelbetrug, falscher Rufschädigung u.a.) und möglicher akademischer Täuschungshandlungen im Speziellen (wie etwa Prüfung mit falscher Identität, Assignment Outsourcing, Collusion, Messenger-Dienst-Cheating u.a.)
- und den Grauzonen (den sogenannten Questionable Research Practices/QRPs wie etwa p-Hacking oder HARKing).
- Außerdem beschäftigt sich die Vorlesung mit den vielen Formen der Qualitätssicherung wissenschaftlicher Arbeiten (wie etwa Lehrveranstaltungen oder LV-Module zu GWP, rechtliche Vorgaben, GWP-Richtlinien, Leitfäden, Chartas, Codes of Conduct, Eigenständigkeitserklärungen – eidesstattliche Versicherungen oder ehrenwörtliche Erklärungen, unterschriebene Formblätter, Trennung von Betreuung und Begutachtung, Plagiatssoftwareprüfung, Stilometrie-Softwareeinsatz, Evaluationen, Double Blind Peer Review, Open Commentaries, Science Watch Blogs und Plattformen, Whistleblower, Open Data, Open Access, Ethikkommissionen, Gute Laborpraxis – GLP, Ombudsstellen für gute wissenschaftliche Praxis, Institutionen wie der ÖAWI usw.)
- Ein Fokus liegt auch auf den Möglichkeiten zum Plagiatssoftware-Selbsttest für Studierende (etwa mit Scribbr oder PlagScan), angeboten von Hochschule, Hochschülerschaft oder den Herstellern selbst.
Die Themen Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis, wissenschaftliches Fehlverhalten und die Grauzone der QRPs sollen zumindest
- historisch,
- juristisch und
- wissenschaftsethisch
beleuchtet werden.
Wir werden uns auch fragen, wie Zitierkartelle, Seilschaften, Mobbing, Stellenkorruption und Karrierebehinderung einzuordnen sein könnten.
Aktuelle Diskussionen zu Academic Hoaxes, zu Fake Science, Predatory Journals oder zur Replication Crisis sollen die Vorlesung bereichern. Jedes Semester wird zudem zumindest ein ganz aktueller Fall diskutiert und Gegenstand einer kurzen Aufgabe werden. An beiden Tagen werden zusätzliche interaktive Elemente wie Live-Votings und multimediale Komponenten wie Online-Kurse, Kurzfilme und Podcasts die Lehrveranstaltung auflockern.
Die Fokussierung auf wissenschaftliche Redlichkeit im Rahmen einer eigenen Vorlesung reagiert auf die veränderten Rahmenbedingungen für ein akademisches Studium, die vor allen durch die Massifizierung und Digitalisierung ausgelöst wurden. Zuletzt brachte Distance Learning wieder sehr rasch große Veränderungen mit sich.
Es ist dies eine der ersten interfakultären Vorlesungen dieser Art in Österreich, eingeführt 2019.
Literatur
Basistext
TU Wien (Hg.) (2007): Code of Conduct – Regeln zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis
Weitere Literatur (Richtlinien, Leitfäden, Websites etc.)
Akademien der Wissenschaften Schweiz (Hg.) (2021): Kodex zur wissenschaftlichen Integrität
All European Academies (ALLEA) (Hg.) (2017, revised version): The European Code of Conduct for Research Integrity
Arbeitsgemeinschaft "Gute wissenschaftliche Praxis im Wandel" (ARGE GWP) der Österreichischen Forschungsgemeinschaft (ÖFG) (Hg.) (2022): Website (mit weiteren Verweisen)
Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB) (Hg.) (o.J.): Qualitätssicherung
Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung (BMBWF) u.a. (Hg.) (2020): Praxisleitfaden für Integrität und Ethik in der Wissenschaft
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) (Hg.) (2013, zweite Auflage): Denkschrift „Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis“, Wiley-VCH/DFG
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) (Hg.) (2019): Leitlinien zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis – Kodex
European Science Foundation (ESF)/All European Academies (ALLEA) (Hg.) (2011): The European Code of Conduct for Research Integrity
Haslinger, Markus/Weber, Stefan (2020): Website des Arbeitsschwerpunkts "GWP – Gute wissenschaftliche Praxis" (mit Links zu weiteren Leitfäden)
Institut für Höhere Studien (IHS)/ Österreichisches Institut für Wirtschaftsforschung (WIFO) u.a. (Hg.) (2022, zweite Auflage): Memorandum of Understanding – Prinzipien der wissenschaftlichen Integrität für Studien der öffentlichen Auftragsforschung
Österreichische Agentur für wissenschaftliche Integrität (ÖAWI) (Hg.) (2015: Neugestaltung 2019): Richtlinien der Österreichischen Agentur für wissenschaftliche Integrität zur Guten Wissenschaftlichen Praxis
Österreichische Rektorenkonferenz (Hg.) (2002): Richtlinien der Österreichischen Rektorenkonferenz zur Sicherung einer guten wissenschaftlichen Praxis
Universität Innsbruck (Hg.) (2011): Richtlinie des Rektorats: Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis an der Universität Innsbruck
World Conference on Research Integrity (Hg.) (2010): Singapore Statement on Research Integrity
Bildernachweise: Wortwolke eigene Darstellung S.W., 2019; Screenshots von Uploads im TUWEL-Kurs zur VO, 2019, Dokumentation "Fake Science" des NDR, 2018, https://bit.ly/2RDUSGf
LIVE-LECTURE VIA ZOOM – die Zoom-Links für beide Tage werden nur im TUWEL-Kurs kommuniziert!
Keine prüfungsimmanente Lehrveranstaltung, daher keine Anwesenheitspflicht für Sie! Die Teilnahme an den Live-Lectures wird aber dringend empfohlen. Die Lehrveranstaltung steht nach 26.05.22 in der Cloud zum Nachhören/-sehen zur Verfügung.
Case Studies, Software-Demonstrationen, Überprüfungen konkreter wissenschaftlicher Abschlussarbeiten der Studierenden, interaktive Live-Befragungen mit dem Voting-Tool "Mentimeter", ev. eigene Vortrags-Kurzinputs der Studierenden. Unterstützendes Material (Foliensätze, Weblinks) findet sich im Anschluss der VO-Blöcke auf TUWEL.
TAKE HOME EXAM
Take Home Exam mit offenen Fragen zur Beantwortung binnen dreier Wochen. Internet, wissenschaftliche Literatur und VO-Unterlagen sollen verwendet werden. (Achtung: Im TISS ist derzeit nur das Anlegen eines einzigen Tages möglich, bitte dies ignorieren.)
Sie können sich den Prüfungsbogen sowie weitere Files zur Prüfung ab Prüfungsbeginn im TUWEL-Kurs herunterladen. Voraussetzung dafür ist, dass Sie für die Lehrveranstaltung angemeldet sind. Erst dann haben Sie Zugang zum TUWEL-Kurs!
Unerlaubte Hilfsmittel sind: Vorlesungsmitschriften und -zusammenfassungen anderer Studierender sowie die Einbindung anderer Personen inkl. Zusammenarbeit der Studierenden der VO. Jede Abgabe muss eine erkennbar hundertprozentige Einzelleistung darstellen.
Alle Abgaben werden mit der Software Turnitin auf Plagiate überprüft und so auch untereinander auf Parallelen verglichen!
Bewertet wird nur die schriftliche Prüfung; Studierende können allerdings mit eigenen Inputs während der VO (ev. kleinen Case Studies) und Mitarbeit ihre Note allenfalls verbessern.