Nach positiver Absolvierung der Lehrveranstaltung sind Studierende in der Lage die Potenziale und Komplexität der gebauten Umwelt zu erkennen, daraus richtungsweisende planerische Fragestellungen abzuleiten und diese Fragen durch die spezifische Ausformulierung eines konzeptuellen städtebaulichen, architektonischen Entwurfs zu beantworten. Stadt- und Raumproduktion soll anhand einer entwurfsorientieren Aufgabenstellung als ganzheitliche, transdisziplinäre Auseinandersetzung erfahren werden. Architektur und Städtebau sollen als kulturelle Praxis mit gesellschaftlicher Relevanz und als gestalterische Herausforderung einschließlich ihrer sozialen, ökonomischen, ökologischen und prozessualen Implikationen verstanden werden. Die Vermittlung adäquater Analyse-, Entwurfs- und Darstellungsmethoden und die Einführung in relevante Diskurse sind ein wesentlicher Teil der Lehrveranstaltung.
Die Lehrveranstaltung wird Cross-Over Workshops anbieten mit der Lehrveranstaltung: Co-existenz: Traisental. Zwischen Industriekultur und Wandel, um den Studierenden die Möglichkeit zu bieten ähnliche Phänomene in unterschiedlichen Maßstäben vergleichend zu analysieren und erforschen.
Industrieregion im Wandel
Raumgreifend und oft auch spektakulär wirken die baulichen Zeugnisse der Industrialisierung Europas, von Eisenbahnviadukten bis Fabrikanlagen. Sie prägten ganze Regionen und waren Ursprung von Stadtgründungen und Bevölkerungswachstum. Historisch mit repräsentativem Charakter errichtet, folgen heutige Industriebauten und Gewerbegebiete meist ökonomisch-technischen Anforderungen und globalen Lieferketten.
Im Gegensatz zu den Siedlungsstrukturen von alten Ortskernen entbehren der räumlich und funktional fragmentierte Siedlungssprawl und die modernen Industriestandorte daher meist einen gestalterischen Anspruch und lassen die Beachtung des gebauten Kontexts aber auch des Landschaftsraumes vermissen. Häufig bieten hingegen alte Industrieanlagen große Potenziale zur Nachnutzung mit anderen Funktionen, sowohl als Wohnstandorte, aber auch als Kulturinstitutionen oder in neuer gewerblicher Nutzung (Industrie 4.0).
Traisental / Wilhelmsburg
Fluss, Hügel, Wälder, Kleinstädte und Industrie – Auf Grundlage von Wasserkraft entwickelten sich die Dörfer entlang der Traisen in eine bedeutsame Industrieregion mit zahlreichen international renommierten Unternehmen. Es entstand ein fragmentiertes, stark industriell geprägtes urbanes Gewebe von der Donau bis nach Türnitz, welches sich trotz der qualitätsvollen Naturräume, überwiegend von der Traisen und der Tallandschaft abwendet. Darüber hinaus bilden die (post-) produktiven Flächen und Bauwerke sowohl untereinander, als auch mit dem Landschafts- und Stadtraum, kaum Synergien aus. Stattdessen fragmentieren sie das Tal und es entstehen verschiedenste Teil- und Resträume, deren Verständnis als Ressource erst seit kurzem an Relevanz gewinnt.
Insbesondere die Schließung des Produktionsstandortes des Sanitärkeramikhersteller LAUFEN in Wilhelmsburg – Ausgangspunkt dieses Entwerfens – zeigt exemplarisch, welche räumlichen und sozialen Auswirkungen eine monofunktionale Ausrichtung der Wirtschaft für eine Kleinstadt bedeuten. Dennoch bieten die Revitalisierung und Reintegration der vorhandenen Strukturen im örtlichen Kontext ein enormes Entwicklungspotenzial. Diesen in einen attraktiven und adaptiven Raume zu verwandeln, der eine zeitgemäße Nutzung ermöglicht, ja sogar initiiert und eine Verzahnung und Überlagerung mit den angrenzenden Siedlungs- und Freiräumen erlaubt, wird ein bestimmender Inhalt der Entwurfsaufgabe.
Das Entwerfen begibt sich auf die Suche nach den inhärenten Potenzialen zwischen historischer Industriekultur und zukunftsweisenden Lebensraum. Im Laufe des Semesters sollen Strategien entwickelt werden, wie eine Co-Existenz von Wohn und Produktionsflächen in einem Natur-, Kultur- und Stadtlandschaftsraum im Traisental möglich sein kann.
Das Entwerfen ist Teil der landuni Drosendorf.
Wöchentliche Korrekturen, Workshops, Zwischenpräsentationen, Endabgabe. Der Leistungsnachweis erfolgt immanent. D.h. sowohl die Mitarbeit während aller Lehrveranstaltungseinheiten an der TU, als auch die kontinuierliche Arbeit zwischen diesen Einheiten, sowie die Qualität ebendieser und der Endabgabe werden zur Notenfindung herangezogen.