Nach positiver Absolvierung der Lehrveranstaltung sind Studierende in der Lage, verschiedene Positionen in den aktuellen Diskursen über das Wohnen zu reflektieren und zu diskutieren. Die Lehrveranstaltung lädt darüber hinaus ein,sich aktiv in diese Debatten einzubringen.
Unter dem Titel "Wohngespräche" werden In einer öffentlicher Talks historische, gegenwärtige und künftige Aspekte des Wohnens, des städtischen Zusammenlebens behandelt mit wechselnden Gästen thematisiert. Das Themenspektrum ist dabei weit gesteckt – es reicht von architektonischen Vorschlägen, über alternative Ansätze den Stadtproduktion, die theoretische Auseinandersetzung mit der gebauten Umgebung bis hin zu künstlerischen Perspektiven. Nach einer kurzen Einführung stellt der Gast ihre/seine Position zum Themenbereich dar, die dann in der Diskussion hinterleuchtet wird.
Thema WS 2020/21: Nach der Nachbarschaft
Seit der Kritik an der Anonymität und der Unwirtlichkeit modernistischer, funktionalistischer Stadtplanung galt die Nachbarschaft als Dreh- und Angelpunkt für das Funktionieren oder Nicht-Funktionieren des Zusammenlebens in Städten. Nachbarschaft ersetzte dabei nicht nur schrittweise vormalige für die moderne Debatte zentrale begriffliche Gemeinplätze wie Habitat, Milieu oder Struktur, sie eröffnete zugleich auch eine vorab gefasste Maßstäblichkeit in der Perspektive auf das Wohnen und damit auch eine normative Zielsetzung der Planung: Gute Architektur und Stadtplanung fördert den lokalen Austausch der Bewohner_innen, ihre Inhalte beziehen sich auf mögliche Identitäten und Ihre Ästhetik zeichnet sie sich durch eine Kleinteiligkeit und Wiedererkennbarkeit aus. Nachbarschaft bildete nach der Moderne gewissermaßen den Gegenentwurf zur modernen Großstadt. Das teilen verschiedenste Ansätze an das Wohnen und Leben in Städten im Anschluss an Jane Jacobs in der urbanistischen Theorie mit Ansätzen in der Planung nach dem Team X rund um den CIAM in Dubrovnik. Keine Stadtteilinitiative, kein urbanes Kunstprojekt, kein Wohnprojekt ohne die Idee der Nachbarschaft.
Was bedeutete es, wenn deine Nachbarin eine Tomatenfabrik ist?
In einem notwendig größeren Blick scheint diese Logik der Nachbarschaft gegenwärtig aber zumindest in Frage gestellt: Zunächst findet eine zunehmende gegenseitige Angleichung in der Ausprägung von Europas Siedlungsräume statt, deren Verwertungs- und Wirkungsmechanismen zwar durchgängig urbanisiert, die aber weder dem traditionellen Bild von Stadt noch dem Land zuzuordnen sind. Ihre Dimensionierung, ihre räumliche Organisation folgt eher den Programmen von Logistik und Transport als denen traditioneller Siedlungsmuster; sie kennen weder die Nachbarschaft des städtischen Wohnhauses noch die des Dorfes. Was aber bleibt angesichts einer immer stärker vernetzten Welt selbst von diesen über lange Zeit etablierte Formen des nachbarschaftlichen Austauschs übrig? Denn egal ob Interessengemeinschaften, Einkauf, Freizeitverhalten oder Partnersuche – der Alltag baut immer weniger auf räumlicher Nähe auf. In einer digitalisierten Welt liegt das Nahe nicht notwendig nahe.
Der Nachbarschaftsvertrag, oder: Was bedeutet es, wenn deine Nachbarin krank wird?
Die COVID-19 Pandemie führt uns einmal mehr vor Augen, wie prekär das nachbarschaftliche Verhältnis tatsächlich ist. Denn worauf baut Nachbarschaftlichkeit auf, wenn nicht auf räumlicher Nähe? Und was bedeutet es, wenn diese räumliche Nähe zur akuten Bedrohung wird, wie in der gegenwärtigen Situation?
Eine Vielzahl solidarischer zivilgesellschaftlicher Initiativen verdeutlicht uns, wie wichtig das nahe Nebeneinander von Nachbar_innen in der Bewältigung von Krisen sein kann. In ihnen tritt der paradoxe Charakter heutiger Nachbarschaft zutage: von Auflösung begriffen, bedrohlich, und dennoch unabdingbar, wollen wir am Konzept einer solidarischen Stadtgesellschaft festhalten. Klar scheint: ohne Nachbarschaft werden wir bestenfalls als einzelne aus dieser Krise heraustreten. Die möglichen Räume dieses neuen Nachbarschaftsvertrages aber müssen erst verhandelt und geschaffen werden.
Nach einer kurzen Einführung stellt der Gast - ArchitektIn, VertreterIn eines Bauträgers, andere im Wohnbau tätige Personen - ihre/seine Position zum Themenbereich dar, die dann im Gespräch diskutiert wird.
TERMINE
immer Dienstag 18:00 live auf Zoom!https://tuwien.zoom.us/j/99729094924
Das erste Wohngespräch findet am Di, 20. Oktober um 18:00Uhr statt.
Michael Obrist spricht mit Lowie Vermeersch (Designer, Founder and Creative Director of Granstudio) über "Future Mobility for People"
mehr Infos hier: https://www.facebook.com/events/822909078497307
Das zweite Wohngespräch findet am Di, 2. November um 18:00Uhr statt.
Michael Obrist spricht mit Lorenzo Romito (STALKER) über "Hosting the Unexpected"
mehr Infos hier:https://fb.me/e/1FS4UmwQi
Das dritte Wohngespräch findet am Di, 10. November um 18:00Uhr statt.
Michael Obrist spricht mit Lorenza Baroncelli: "Where do I want to live"
-> die Veranstaltung muss aufgrund Krankheit verschoben werden!!
Das dritte Wohngespräch findet am Di, 24. November um 18:00Uhr statt.
Michael Obrist spricht mit Sara Alberani, Kuratorin und Kunsthistorikerin: "What's out there?"
Das vierte Wohngespräch findet am Di, 1. Dezember um 18:00Uhr statt.
Das fünfte Wohngespräch findet am Di, 15. Dezember um 18:00Uhr statt.
Michael Obrist spricht mit Renée Tribble von der PlanBude Hamburg: "Planung als Plattform – Das Wissen der Vielen"
Das sechste Wohngespräch findet am Di, 19. Jänner um 18:00Uhr statt. Gast ist Javier Arpa Fernández.
Als Leistungsnachweis ist für diese Lehrveranstaltung ein Text zu einer konkreten Fragestellung, die im Anschluss an alle Gespräche gestellt wird zu verfassen. Die Erarbeitung des Textes umfasst Diskussionen aus den Gesprächen sowie eigene Reflexion. Essays können in Deutscher oder Englischer Sprache verfasst werden.
Procedere:
Anmeldung für die Prüfung zum gewählten Termin via TISS.
Ihnen wird am Prüfungstag ein e-mail mit einer Frage/Thema geschickt
Upload des Textes via TUWEL bis 7 Tage nach Beginn der Aufgabenstellung
Länge des Essays: 6.000 - 7.000 Zeichen incl. Lehrzeichen.
einen Leitfaden für eine geschlechtergerechte Formulierung finden Sie hier: https://www.akbild.ac.at/Portal/organisation/uber-uns/Organisation/rektorat-2/richtlinien/Richtlinie_LeitfadengeschlechtergerechtesFormulierenundgeschlechtersensiblerKommunikation2.pdf)
Die Anmeldung erfolgt ausschließlich über das Modul "Wohnen im Kontext".