Wohnquartier - mehr als wohnen
Der Wohnungsbau ist das Abbild unserer sozialen Lebensform, kulturellen Konventionen und Ausdruck der Alltäglichkeit einer Gemeinschaft. Im Wohnen zeigt sich sehr deutlich wie eine Gesellschaft strukturiert ist. Die Typologie des städtischen Wohnens prägt die Bildung eines gelungenen Sozialgefüges eines Kollektives entscheidend.
Wohnen ist über Jahrtausenden eine menschliche Konstante. Obwohl sie selbst keine „Tätigkeit“ ist, bietet sie die Rahmen für eine Vielzahl der Aktivitäten, die sich von den elementaren und existenziell notwendigen Handlungen, bis zu der Selbstverwirklichung und Selbstentfaltung strecken entfalten.
Im 20. Jh. wurden die elementaren Qualitäten des Wohnungsbaus durch Standardisierung, Normierung und Typisierung den breiteren sozialen Schichten zugänglich gemacht. Die Wohnverhältnisse der sozial schwächeren Schichten haben sich signifikant verbessert. Die Idee der Familienwohnung als Ortes rationalisierter Alltagsabläufe wurde geboren. Das Minimieren der Fläche und Optimieren der Produktion, unter immer stärker gewordenen wirtschaftlichen Imperativ, hat großenteils zu den schemenhaften typologischen Entwürfen geführt, in welchen das Raumgefüge primär durch die Anzahl der Zimmer definiert ist. Die Festschreibung der Zimmer (Räume) ist durch funktionelle Elemente wie Herd, Tisch, Bett determiniert und lässt sich nur schwierig einem Wandel der Lebensweise der Bewohner unterziehen.
Paradoxerweise findet bei gleichzeitiger Serialität des Angebotes und Anonymisierung der Bewohnerschaft auch eine starke Tendenz zur Individualisierung des Wohnens statt. Der individuelle Nutzer fordert von der Architektur Individualität, Identität und die räumliche Qualität, die ihm die Selbstentfaltung im Privaten ermöglicht. Darüber hinaus weitet sich die private Sphäre aus, anderseits besteht zugleich ein zunehmender Wunsch nach Urbanität und Kollektivität.
Wie können unsere Wohnungsgrundrisse/Typologien diesen veränderten und teilweise widersprüchlichen Bedürfnissen nachkommen?
Die Aufgabenstellung befasst sich mit einem Teil des Nordbahnhofsgeländes, der als Wohnquartier zu gestalten gilt.
Herausforderungen
- Entwurf eines Raumgefüges des neuen Wohnquartiers sowie Entwicklung neuer Wohnungstypologien die auch eine wandelbare Funktionalität zulassen, die sich im Gebrauch der Wohnung entfalten kann (für z.B. Single-Haushalten, Patchwork- und Mehr-Generationen Familien, Wohnprojekte mit Serviceeinrichtungen, Projekte des betreuten Wohnens, Wohngemeinschaften - und andere Formen des Zusammenlebens etc.)
- Übergange zur Stadt, Zwischenräume und die Gemeinschaftsbereiche, die das soziale Austausch stärken - Wie kann man soziale und räumliche Kohäsion, eine klare Urbanität in die Nachbarschaft kreieren, die aus heterogenen, bzw. widersprüchlichen Wohnkonzepten zusammengefügt ist?
- Programmatische Definition der Erdgeschoßzonen
Das Entwerfen wird in der Kooperation mit Bauträger und hauptverantwortlichen Planer des Nordbahnhofsareals durchgeführt.