SOMMERENTWERFEN > 9.AUGUST - 25.SEPTEMBER (siehe weitere Infos unten)
- Rekonstruktion und Dokumentation von metropolitanen Mehrzweckgebäuden der Wiener Eisenbetonpionierjahre
- Erstellung von Publikationsplänen und Strukturmodelle für eine Ausstellung im Ringturm mit dem entsprechenden Katalog
Das Entwerfen findet im Rahmen des Forschungs- und Publikationsprojekts zum Thema
ANATOMIE EINER METROPOLE, Die Pionierjahre des Bauens mit Eisenbeton in Wien 1890 – 1914
Eine integrierte Geschichte von Gesellschaft, Wirtschaft und Technik, von Planungs-und Lebenskultur, Bau- und Stadtgestalt statt.
Die Forschung sieht vor, die übliche Sicht der "Wiener Moderne um 1900" wesentlich zu erweitern, zu aktualisieren bzw. signifikant zu korrigieren.
In der Vergegenwärtigung einer großen Ära der Wiener Baukultur beschränkt sich der Aspekt von Modernität nicht bloß auf Form- oder Stilfragen sowie Ästhetik von Fassaden oder Details. Signifikant ist vielmehr das Phänomen einer in dieser zeitlichen und räumlichen Dichte einmaligen Nutzung zukunftsweisender Bau-Technologie - "Eisenbeton" - zur Schaffung neuer Raum- und Haus-Typologien, die neue Kulturtechniken inkorporieren und verlebendigen.
Es handelt sich hier z.B. um Dutzende Gebäude im Stadtkern. An ihnen manifestierte sich die nachhaltige Synthese technologischer und kultureller Modernisierung. Es waren durchwegs Pionier-Bauten, konzipiert in der damals brandneuen Eisenbeton-Technik mit den in Wien damals im Eisenbetonbau aufstrebenden, mit ihren Patenten im ganzen Raum der k.u.k. Monarchie und darüberhinaus führenden Firmen.
Mit dem armierten Beton wurde es plötzlich möglich, die tragenden Massen gegenüber dem Ziegelbau stark zu reduzieren. Größere Nutzlasten und Spannweiten konnten mit kleineren Dimensionen bewältigt werden. Die Substanz der Häuser lockerte sich.
Aus massiven Mauerbauten wurden Gerüste, deren statische Fixierung auf Knotenpunkte in weitmaschigen Netzwerken schrumpfte. So konnten die Grundrisse offener, die Raumfolgen elastischer werden. Und diese Vorteile wurden u.a. dazu genutzt, um auf den engen, innerstädtischen Parzellen dicht gepackte Überlagerungen verschiedener, neuartiger Nutzungen einzuführen bzw. um im gewerblichen oder infrastrukturellen Bereich für neue Produktionstechniken adäquate Raumgefüge bereitzustellen.
Entscheidend war auch, dass sich in der Theoriebildung, der Bemessungs-, Bewehrungstechnik und Materialforschung damals eine europaweit führende Wiener Schule des Eisenbetons formierte, die mit dem Wirken von Josef Melan, Friedrich Emperger und Rudolf Saliger, der Technischen Hochschule Wien, dem 1890 gegründeten Österreichischen Gewölbeausschuß und dem 1907 konstituierten Österreichischen Betonverein verbunden ist.
Es ist das Phänomen des verzögerungsfreien Ineinanderwirkens von Unternehmern, Baufirmen, Bauherrschaften, Architekten, Ingenieuren und Theoretikern "am Puls der Zeit". Sämtliche Komponenten in Forschung/Theorie/Planung/Finanzierung/Realisierung - bis zu den Details auch der Glas-, Metall-, Keramik- oder Holzarbeit - stehen auf der selben, innovativen und nachhaltigen Stufe der Qualität. (Text: Otto Kapfinger)
Das Sommerentwerfen beginnt mit einer Seminarwoche in Wien. Die Reise führt in die Pionierjahre des Eisenbetons, mit Begehungen und Besichtigung in unsere Untersuchungsobjekte. Die Bauten werden in ihrer facettenreichen, konstruktiv-gestalterischen Qualitäten analysiert, dokumentiert und anhand von Raumstrukturmodelle freigelegt. Eine einheitliche Aufarbeitung des Planmaterials sowie das Modell sind integrative Bestandteile des Forschungsprojektes und der damit verbundenen Ausstellung.
Produktionswerkstätten, die in der Kopplung von Nutzung und Bautechnologie neue Raumstrukturen hervorbringen, stehen in diesem Durchlauf im Fokus. Druckereien, und Verlagshäuser, Schneidersalons und Bautischlereien, Metallverarbeiter und Edelwalzwerke, die sich in Ensembles und Mehrzweckhäuser den Wiener Stadtkörper einfügen. Die Produktions- und Herstellungstechniken werden aus mehreren Blickwinkeln beleuchtet: Von der Errichtung des Rohbaus über die Anfertigung einzelnen Bauelemente bis zu den Erzeugnissen der für diese Zwecke errichteten Häuser wird die Produktion von Architektur thematisiert. Auch Bauten für Dienstleistungen wie Finanzwesen, Volksbildung, Handel und Freizeit werden über ihre Struktur ihre verblüffende Modernität zum Vorschein bringen.
Zeitraum: 9.August - 25.September
Studio im Seminarraum A/B (Über den Sommer steht uns unser Seminarraum durchgehend als Arbeitsplatz zur Verfügung. Unter geltenden Coronaregeln können wir die ganze Woche an der TU arbeiten)
Betreuung als Tischkritik zwei Mal wöchentlich im Seminarraum
Einführung: Mo.9.8.21 um 10:00 im Seminarraum A/B
Seminarwoche Wien: 9.-13. August > Besichtigung von über 20 frühe Eisenbetonbauten u.A. diejenigen, die wir untersuchen und rekonstruieren werden.
Die Reise führt nach Wien um 1900 und sie werden die Stadt mit ganz neuen Augen sehen!
Das Entwerfen wird als Workshop durchgeführt und findet im Seminarraum A/B als Studio statt. Der Raum steht uns als Labor, Forschungs- und Arbeitsraum in den Sommermonaten zur Verfügung.
Forschungsteam:
Dr.techn.h.c. Otto Kapfinger
Dr. Markus Kristan
Dr. Ursula Prokop
Dipl.Arch. Felix Siegrist
Mag.arch.Prof. Adolph Stiller
Dr. Maria Welzig
Arch.DI Anna Wickenhauser
KooperationspartnerInnen:
Forschungsbereich Hochbau und Entwerfen, TU Wien, Univ. Prof. Thomas Hasler / Astrid Staufer
Wien Museum, Dr. Andreas Nierhaus
Institut f. Tragwerksplanung / Betonbau TU, Univ. Prof. Johann Kolleger