Das Thema Alter hat in den letzten Jahrzehnten zunehmend an Bedeutung gewonnen und ist zuletzt im Kontext der Corona-Pandemie nochmals verstärkt in den Vordergrund gerückt. Diese Aufmerksamkeit lässt sich einerseits durch die steigende absolute Zahl alter und hochaltriger Menschen und ihren relativen Bevölkerungsanteil begründen. Andererseits zeigt sich eine Dominanz von Altersthemen in medial-öffentlichen und politischen Debatten, die dabei sehr oft mit Negativszenarien einhergeht – einer scheinbar drohenden „Überalterung“, der Entstehung einer „Rentengesellschaft“ und dem damit verbundenen „Pflegenotstand“, u.dgl. Unterschiedliche Altersstereotypen und Altersbilder – von dem Ideal der „aktiven Alten“ bis hin zu den vulnerablen und fragilen Hochaltrigen, die es gesellschaftlich besonders zu schützen gilt – prägen den öffentlichen Diskurs. Die damit verknüpften Werte und Normen fungieren dabei als Orientierungspunkte für das Handeln von Individuen, sozialen Gruppen und Organisationen.
In diesem Kontext sehen sich Stadtverwaltungen und Fachleute aus den Bereichen Planung, Architektur und Städtebau zunehmend mit der gesellschaftspolitischen Forderung nach „alter(n)sgerechten Städten“ (WHO 2007) konfrontiert, die den demografischen Veränderungen Rechnung tragen sollen. Virulent dabei werden insbesondere Fragestellungen hinsichtlich der Gestaltung alter(n)sgerechter Wohnumfelder, der Bereitstellung und des Zugangs zu Wohnraum, sozialer Infrastruktur und öffentlichen Räumen in Städten. In dieser Lehrveranstaltung gehen wir den Debatten rund um „alternde Gesellschaften“ und alter(n)sgerechte Städte auf den Grund und machen uns gemeinsam auf die Suche nach den „versteckten Geographien des Alter(n)s“ (Skinner et. al. 2015) in den Alltagsroutinen von älteren Menschen an der Schnittstelle zwischen Wohnraum und öffentlichem Raum. Der Fokus dabei liegt darauf, zu erforschen und zu verstehen, wie alltägliche Praktiken und Lebensmodelle, Vorstellungen und Erfahrungen von älteren Menschen in Wien aussehen und welche Implikationen dies für stadtentwicklungsrelevante Problemstellungen haben könnten. Dazu setzen wir uns auch mit bereits vorangetriebenen Studien der Alter(n)sforschung auseinander, die die Wissensformen älterer Menschen ins Zentrum stellen und die die Verhältnisse „vor Ort“ für das Leben im Alter näher in den Blick nehmen. Ziel ist es, durch die Anwendung unterschiedlicher qualitativer Methoden, urbane alltägliche Wissensformen und -praktiken von älteren Menschen sichtbar und greifbar zu machen, die von der bisherigen Planungspraxis und -wissenschaft oftmals unberücksichtigt bleiben.
Skinner, Mark W., Cloutier, Denise und Andrews, Gavin J. (2015), Geographies of ageing: Progress and possibilities after two decades of change, Progress in Human Geography 39(6): 776–799.
WHO World Health Organization (2007) Global Age-friendly Cities: A Guide. Geneva: WHO.
Die Lehrveranstaltung kombiniert Vorlesungs- und Übungsteil und umfasst damit Inputs, Literatur-Lektüre und -Diskussion sowie die selbstständige Durchführung eines empirischen Forschungsprojekts in Kleingruppen. Abhängig von den Corona-Bestimmungen werden Exkursionen zu relevanten Akteur_innen und Projekten in Wien durchgeführt.
***Update LV-Modus 24.11.2021: Aufgrund des Lockdowns wird die Lehre bis auf weiteres online durchgeführt (voraussichtlich bis Ende des Jahres 2021)***
Die LVA ist den folgenden Wahlmodulen zugeordnet:
- Wahlmodul 5: Gesellschaft, Alltag und Raum
- Wahlmodul 1: Global Development of Cities and Regions
Der Kurs richtet sich in erster Linie an Studierende im Master Raumplanung und Architektur sowie interessierte Bachelorstudierende in den letzten Semestern. Wir laden ausdrücklich auch Studierende von anderen Universitäten ein, die sich mit raum- und stadtforschungsbezogenen Fragestellungen beschäftigen, als „Mitbeleger“ an der Lehrveranstaltung teilzunehmen. Die Lehrveranstaltung findet auf Englisch statt. Wir unterstützen die aktive Teilnahme der Studierenden in Debatten durch interaktive Lernformate. Wir ermutigen Studierende sich in die Gestaltung der Lehrveranstaltung einzubringen, um eigene Ideen und kritische Perspektiven zu entwickeln. Kontakt: (info@skuor.tuwien.ac.at).
Das Kick-Off des Wahlmoduls 5: Gesellschaft, Alltag und Raum findet am 4. Oktober 2021, 10:00-11:00 Uhr gemeinsam mit allen Lehrveranstaltungsleiter_innen der Kernfächer und Ergänzungsfächer statt. Wir laden alle Studierenden ein, via zoom teilzunehmen:
Die Leistungsbeurteilung erfolgt anhand
(1) der Bearbeitung der Pflichtliteratur (individuell) und
(2) der Durchführung eines selbstständig entwickelten Forschungsprojekts (gruppenbasiert). Beurteilt werden hier der zu erstellende Forschungsbericht und die Endpräsentation der Ergebnisse mit anschließender Diskussion.
Beide Teilleistungen sowie eine 80%tige Anwesenheit sind Voraussetzung für den positiven Abschluss.