Nach positiver Absolvierung der Lehrveranstaltung sind Studierende in der Lage, die Zusammenhänge von räumlichen und zeitlichen Strukturen der europäischen Stadt zu erkennen und Ursachen für aktuelle zeitliche Entwicklungen und Veränderungen zu verstehen.
Gesellschaftliche Zeitstrukturen haben spätestens seit der Moderne eine wesentliche Bedeutung für die räumliche Organisation der Stadt. Ausgehend von den räumlich wie zeitlich geprägten urbanen Phänomenen – Entgrenzung, Verdichtung und Entkopplung (Henckel, Herkommer: 2004) – werden Gemeinsamkeiten räumlicher und zeitlicher Entwicklungen der europäischen Stadt untersucht und Ursachen für kontinuierliche Veränderungen und abrupte Umbrüche der urbanen Zeitlichkeit im Seminar diskutiert. Über eine thematisch gegliederte Analyse von Ursachen (Arbeit, Wohnen, Mobilität, Medien, Politik) soll ein Überblick zu raumprägenden künstlichen Taktgebern des städtischen Alltags gegeben und nach weiteren raumzeitlichen Phänomenen gesucht werden. Anschließend richtet sich der Blick auf aktuelle Konflikte der zeitpolitischen Auseinandersetzung in Architektur und Stadtplanung.
„Time unfolded at its usual sluggish, half-confused pace.They lived in a ramshackle house in one of the amorphous suburbs, a zone of endless afternoons.“
J. G. Ballard: „Chronopolis“ (New Worlds 1960).
Die Grundlage für das Seminar bildet eine Auswahl an wissenschaftlichen und nicht-wissenschaftlichen Texten aus den Bereichen Architektur- und Stadttheorie, Science-Fiction, Philosophie, Soziologie, Schlafforschung und Politikwissenschaft.
Die Texte werden nach individueller Lektüre gemeinsam in den Seminareinheiten diskutiert und reflektiert. Zu jedem thematischen Block gibt es einen kurzen Input-Vortrag mit Verweis auf konkrete architektonische und städtebauliche Projekte.
Das Seminar richtet sich an Masterstudierende der Studienrichtungen Architektur und Raumplanung. Studierende der Architektur können sich das Konzeptmodul (6 ECTS) als Freies Wahlfach anrechnen lassen.
Literaturliste (Auswahl):
Barbara Adam: Time and Social Theory (1990)
J.G. Ballard: Chronopolis (1960)
Beatriz Colomina: The Century of the Bed (2014)
Jonathan Crary: 24/7 Late Capitalism and the Ends of Sleep (2014)
Dietrich Henckel, Benjamin Herkommer: „Gemeinsamkeiten räumlicher und zeitlicher Strukturen und Veränderungen“ (in : Walter Siebel: Die europäische Stadt, 2004)
Henri Lefebvre: Rhythmanalysis: Space, Time and Everyday Life. (2004)
Andreas Reckwitz: Gesellschaft der Singularitäten (2017)
Bernard Stiegler: Automatic Society. The Future of Work (2017)
Der Leistungsumfang beinhaltet die Vorbereitung eines Referats in der Kleingruppe auf Basis von 1-2 ausgewählten Texten, die Abgabe von min. 5 Lektürekommentaren, die Beteiligung an Diskussionen und das Verfassen einer Seminararbeit zu einem Schwerpunktthema der Lehrveranstaltung.
Anmeldung zum Kurs über TISS.
Grundkenntnisse der Textanalyse und des wissenschaftlichen Arbeitens sind erforderlich.