Die Lehrveranstaltung untersucht Umwelten aus einer intersektionalen feministischen Perspektive und regt dazu an, Räume von Produktivität und Ausbeutung, Regeneration und Überleben aus verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten.
Wir sind von Veränderungen unterschiedlich betroffen. Anhand von theoretischen feministischen Konzepten werfen wir im Seminar einen Blick auf Genealogien, Prozesse, Organisationen und Machtrelationen von Räumen und suchen nach künstlerischen Beispielen, die diese Räumen mit feministischen Strategien bearbeiten. Ergebnis dieser mehrdimensionalen Auseinandersetzungen wird eine theoretische schriftliche Arbeit sein.
Die Kunst, in einer sich ändernden Umwelt zu leben. Eine feministische Perspektive
'... all communities ... are densely material structures that weigh down on us and brand us, albeit at times in invisible ink.'
- Rosi Braidotti in nomadic subjects, S. 31-32
Als Architekt_innen handeln wir in komplexen Systemen von Machtrelationen, welche sich materiell und ökologisch auswirken. In der Auseinandersetzung mit diesen werden aktuelle Entwicklungen aus Feminist Ecologies dazu beitragen, ein differenzierteres Verständnis zu entwickeln:
Ein feministischer „Neo-Materialismus“ fragt nach den Produktionsbedingungen und ihren Machtverhältnissen, sowie nach unterschiedlichen materiellen Voraussetzungen unserer produktiven und ausbeuterischen Umwelt. Feminist Posthumanities denken menschliche und nicht-menschliche Akteur_innen einer Umwelt mit qualitativ unterschiedlichen Abhängigkeiten und geteilten Handlungsmächten. Aus diesen Überlegungen geht hervor, dass wir Natur, Technologie und Kultur nicht (mehr) getrennt voneinander denken können, und diese Kategorien für eine komplexe Umwelt und als Zuordnungsparameter für Architektur unbrauchbar geworden sind. Diese Herausforderungen werden wir in der Lehrveranstaltung anhand von eigenen gewählten Themen besprechen und in einer Exkursion erfahren.
Abbildung: Das ehemalige Stadtzentrum von Malmberget in einem Erzabbaugebiet in Nordschweden. Foto: Gabriella Olshammar
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Beispielsweise können wir danach fragen, woher das Material kommt, das wir in der Architektur verwenden, welche Produktionsbedingungen es erfordert bzw. herstellt und wie etwa Geschlechter davon unterschiedlich betroffen sind. Auch der Umgang mit zerstörten Lebenswelten ist jeweils sehr unterschiedlich, oft kreativ, weil gar keine andere Möglichkeit besteht.
Wie können wir kritisch sein und trotzdem als Architekt_innen produktiv handeln? Methodisch wird im Seminar ein kreativer Umgang mit Raum und Text unterstützt, der einerseits analysiert, aber auch interpretiert und spekuliert, und Stimmen, Architekturen, Narrative und künstlerische Strategien neu in Beziehungen setzt.
Eine Zusammenarbeit mit und aktive Teilnahme an einer Konferenz zu Architektur und Feminismus, die am 14./15. November im Rahmen der ARCHDIPLOMA stattfinden wird, wird interessierten Studierenden ermöglicht. Die Konferenz wird von Inge Manka et.al. / Institut Kunst und Gestaltung 1 organisiert.
Für jedes einzelne Seminar ist ein kurzer Text(-Auszug) vorab zu lesen. Texte, die im Seminar besprochen werden, werden mindestens eine Woche vor den Terminen bereitgestellt.
Vorläufige Literaturliste:
Karen Barad, Meeting the Universe Halfway: Quantum Physics and the Entanglement of Matter and Meaning. Durham und London: Duke University Press, 2007.
Rosi Braidotti, Nomadic Subjects: Embodiment and Sexual Difference in Contemporary Feminist Theory (2. Ausgabe). New York: Columbia University Press, 2011.
Rosi Braidotti, The Posthuman. Cambridge und Malden: Polity Press, 2013.
Rachel Carson, Silent Spring. London und New York: Penguin books, 2000 [1962].
Charity Edwards, 'Of the Urban and the Ocean: Rachel Carson and the Disregard of Wet Volumes.' In field 7(1), 2017.
Hélène Frichot, Creative Ecologies: Theorizing the Practice of Architecture. London und New York: Bloomsbury, 2019.
Hélène Frichot, Catarina Gabrielsson, Helen Runting, Architecture and Feminisms: Ecologies, Economies, Technologies. London: Routledge, 2018.
Samantha Frost, 'The Implications of the New Materialisms for Feminist Epistemology.' In Feminist Epistemology and Philosophy of Sience: Power in Knoweldge, hrsg. H. E. Grasswick, 69-83. Dodrecht: Springer, 2011.
Donna J. Haraway, Staying with the Trouble. Making Kin in the Chthulucene. Durham und London: Duke University Press, 2016.
Donna J. Haraway, 'Wir sind immer mittendrin.' In Die Neuerfindung der Natur, S. 98-122. Frankfurt/Main und New York: Campus Verlag, 1995.
Anna Tsing, The Mushroom at the End of the World: On the Possibility of Life in Capitalist Ruins. Princeton: Princeton University Press, 2015. / Der Pilz am Ende der Welt: Über das Leben in den Ruinen des Kapitalismus. Matthes und Seitz Verlag, 2018.
Filme:
Malmberget - The Home and the Cavity von Alexander Rynéus & Per Eriksson (2013)
Wild von Nicolette Krebitz (2016)