Nach positiver Absolvierung der Lehrveranstaltung sind Studierende in der Lage, aktuelle künstlerische Forschungsansätzen zum urbanen Raum in ihrer komplexen kulturellen, gesellschaftlichen und politischen Bedingtheit zu verstehen. Sie verfügen über konzeptuelle bzw. praktische Fertigkeiten, relationale Theorien und performative Praktiken zum Einsatz zu bringen. Dies eröffnet ihnen ein besseres Verständnis für die generativen Möglichkeiten visueller Kultur im Zusammenspiel von sozialen, politischen und ökonomischen Strukturen und darauf aufbauend die Einbindung kultureller Kompetenz in das architektonische Handlungsfeld.
Google HQ, London Kings Cross, 2020 (photo: Helge Mooshammer)
Plattform Stadt
13.10.2020, 17.00-19.00 Uhr, online
Peter Mörtenböck und Helge Mooshammer diskutieren entlang ihres Programms für den österreichischen Pavillon der Architekturbiennale Venedig 2021 das Phänomen Plattform-Urbanismus.
LIVING ON PLATFORMS
Wir leben in einer Zeit von Krisen, deren Konturen durch die COVID-19-Pandemie deutlich hervorgetreten sind: Gesundheitskrisen, soziale Krisen, ökonomische Krisen, politische Krisen und nicht zuletzt auch Bildungskrisen. Immer mehr Aspekte unseres Lebens stehen im Zeichen der Krisenerfahrung. Und immer mehr Aspekte unseres Lebens sind mangels analoger Alternativen bereits von digitalen Plattformen abhängig geworden. Diese Parallelen von technologischer Reglementierung und persönlicher Einschränkung verlangen von uns nicht nur Kritik, sondern auch Gegenentwürfe, die anderen Möglichkeiten Raum geben. Sie wecken eine Erinnerung an die lange Tradition radikaler Experimente, mit denen dominante Technologien einer offenen gesellschaftlichen Nutzung zugeführt werden sollten, etwa an die freie Radiostation Radio Alice, deren Sendebetrieb in den 1970er Jahren neue Formen der politischen Kommunikation hervorgebracht hat, oder an die experimentelle psychiatrische Klinik La Borde, an der Félix Guattari wichtige Schriften zur Rolle der Institution und zu anti-autoritären und de-territorialisierten Räumen verfasst hat.
Angesichts der aktuellen Engführungen, die mit COVID-19 verbunden sind, wollen wir im Modul Visuelle Kultur den radikalen Geist dieser Experimente aufgreifen und neue Formate architektonischer Wissensproduktion erkunden. Gegenüber den um sich greifenden Disziplinierungsmaßnahmen des Krisenmanagements will das Modulprogramm ein Forum schaffen, in der eine Vielfalt an Stimmen zum Ausdruck kommen kann. Jeden Dienstagnachmittag widmen wir uns in einem virtuellen Salon (Vorträge, Gespräche, Diskussionsrunden, Filmnachmittage, etc.) einem bestimmten Aspekt des aktuellen „Plattform-Lebens“ und fragen nach den Konsequenzen dieser neuen Welt: was kommt und was verschwindet, wer profitiert und wer verliert, und was ist die Architektur des hier entstehenden Gefüges?
Bestritten werden diese Nachmittage in wechselnder Folge von allen Lehrenden des Moduls sowie von eingeladenen Gästen. Die dabei vorgestellten Themen reichen von der Tradition des Plattform-Genres in Kunst, Literatur und Film bis zur Frage, wie wichtig physische Präsenz für die Anerkennung menschlicher Grundrechte ist. Diese Themennachmittage bilden den Ausgangspunkt für wöchentlich verfasste Episoden eines „visuellen Essays“, für das unterschiedliche architekturbezogene Methoden herangezogen werden können (Skizzen, Analysen, Beschreibungen, Fotocollagen, Videoarbeiten, Modellbauten, etc.). Der Episodencharakter dieser Essays soll uns erlauben, die komplexen und oft widersprüchlichen Charakteristika des „Lebens auf Plattformen“ auszuloten und im Ergründen der Architektur dieser neuen Lebenswelten mögliche Handlungsfelder zu skizzieren.
Das dienstägliche Kernprogramm wird nach Bedarf und Möglichkeit um eine Reihe anderer Formate ergänzt: virtual hangouts, crit sessions, physische Orte für kollektives Arbeiten, und vieles mehr; Lehrende des Modulprogramms stehen zudem zur Verfügung, um die Entwicklung der Projektarbeiten zu begleiten und Feedback anzubieten; Studierende können im Laufe des Programms auch Vorschläge für weitere Plug-Ins in diese Lernstruktur machen. Ein Arbeiten in Gruppen ist möglich.
siehe auch: https://visualculture.tuwien.ac.at/