Nach positiver Absolvierung der Lehrveranstaltung sind Studierende in der Lage komplexe Entwurfsaufgaben aus dem Fachgebiet des Städtebaus eigenständig, systematisch und mit originärem, zeitgemäßen Entwurfsansatz auf der Grundlage einer präzisen gestalterischen Sprache zu bearbeiten. Sie haben die Kompetenz, Handlungsfelder im urbanen Kontext zu erkennen und entsprechende städtebauliche Lösungsansätze zu entwickeln. Die Studierenden können eigenverantwortliche Recherchen und themen-bezogene Grundlagen erheben. Sie sind in der Lage, Entwurfskonzepte zu erstellen und diese in Form von Strategie-, Entwurfs- und Detailplänen umfassend darzustellen und zu präsentieren.
Verkehrsachsen fungieren als infrastrukturelles Rückgrat und räumliche Verbindung von Städten und deren Hinterland. Dysfunktionale Infrastrukturen schwächen daher sowohl die städtische als auch die ländliche Agglomeration. In den Ländern des ehemaligen Jugoslawiens wurde in den 1960er Jahren der Ausbau der Eisenbahn im Vergleich zur Straßeninfrastruktur für unrentabel erklärt. Dies leitete einen wesentlichen Wendepunkt in der Verkehrspolitik ein. Die Jahre der Jugoslawienkriege führten schließlich zum Zusammenbruch des Schienennetzes, das seither, insbesondere für den Personenverkehr, nur in geringem Maße wieder aufgebaut wurde.
Das Jahr 1965 markiert den größten Ausbau der Eisenbahninfrastruktur im ehemaligen Jugoslawien: ein Netz, das ursprünglich aus verschiedenen Spursystemen bestand. Seitdem wurden jedoch die Schmalspurbahnen entlang der am dichtesten besiedelten und wirtschaftlich wichtigsten Gürtel nach und nach auf Normalspur umgestellt und die Bahnen in den ländlichen Gebieten in großem Umfang abgebaut, bis sie schließlich bis 1978 vollständig stillgelegt wurden.
Nach nahezu einem halben Jahrhundert soll die Bahn nun aber wieder auferstehen – so der ehrgeizige Plan, den alle 27 EU-Mitgliedsstaaten ebenso unterstützen wie Serbien, Bosnien und Herzegowina, Nordmazedonien, Albanien, Kosovo und Montenegro. Die EU stellt die Mittel bereit, um Strecken zu sanieren oder neu zu bauen. Mit 400-500 Millionen Euro will die EU die Mobilisierung der Balkanbahnen fördern. Ausbau, Modernisierung und Erneuerung sollen auch den Güterverkehr von der Straße auf die Schiene bringen.
Bahnhof Skopje
Der Bahnhof in Hochlage liegt am östlichen Rand des Zentrums, darunter befindet sich der Busbahnhof, von dem täglich zahlreiche Verbindungen ins In- und Ausland führen. Die Gleisanlagen liegen 10,5 Meter über dem Straßenniveau auf einer etwa zwei Kilometer langen Brücke, die von Norden kommend zunächst den Fluss Varda überspannt und dann in den Bahnhof mündet. Die Bahnsteige werden von einer röhrenförmigen Betonkonstruktion überdacht. Unterhalb der Bahnsteige befinden sich die Schalter- und Warteräume, der unter den Gleisen gelegene Busbahnhof wurde 2004 eröffnet.
Bei einem Erdbeben vom 26. Juli 1963, das große Teile der Stadt zerstörte, wurde auch der alte Bahnhof schwer beschädigt. Das Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen UNDP und die Republik Jugoslawien initiierten 1965 einen internationalen geladenen Wettbewerb für den Wiederaufbau des Zentrums, aus welchem zwei Sieger hervorgingen: Kenzo Tange Team, aufgrund des fortschrittlichen Zugangs, und die Zagreber Architekten Miscevic und Wenzler, in Anbetracht der Realisierbarkeit. Aufgrund der erzwungenen Zusammenarbeit verlor das anfangs utopische Konzept Kenzo Tanges für einen multimodalen Hub mit Flughafen und Busbahnhof zunehmend an Radikalität. Die Bauarbeiten am vereinfachten und veränderten Projekt begannen 1971, am 27. Juli 1981 erfolgte die Inbetriebnahme. Bis heute stellen insbesondere die nicht umgesetzten Elemente des Masterplans wesentliche Brüche in der Stadtstruktur dar. Der vorgesehene bauliche Anschluss an das Stadtzentrum fehlt bis heute.
Im Rahmen des Entwerfens beschäftigen wir uns mit dem städtischen Raum entlang der Bahninfrastruktur von Sarajevo und Skopje. Anhand von kontextbezogenen Fragestellungen befassen wir uns auf unterschiedlichen Maßstabsebenen mit den Abhängigkeiten von Zentrum und Hinterland, den strukturbildenden Eigenschaften von Infrastrukturen und ihren räumlichen Potentialen. Nach eingehender Analyse und in Zusammenarbeit mit Fachexperten und lokalen Stakeholdern werden sowohl Bahnhofareale als auch ihr siedlungsräumliches Umfeld bearbeitet und die Verknüpfung mit unterschiedlichen Mobilitätsformen entwickelt und gestaltet. Ziel ist es diese Areale, im Sinne einer sozial-ökologischen Transformation, nachhaltig in sich verändernde Siedlungsstrukturen einzubetten.
Besonderer Wert wird daraufgelegt, die prozessualen Zusammenhänge zwischen Verkehrspolitik und ökonomischen, ökologischen und sozialen Aspekten aufzuzeigen und zu visualisieren und damit sowohl auf wissenschaftlicher als auch auf politischer Ebene lesbar zu machen. Aufbauend auf einer kollektiv erarbeiteten Matrix, als kartografischen Atlas von Situationen und Mustern, sollen räumliche Szenarien und städtebauliche Entwürfe auf mehreren Maßstabsebenen entwickelt werden.
Offener Zugang zu selbst definierten Fragestellungen die anhand von Erkenntnissen aus der einwöchigen Exkursion und verschiedenster Input-Vorträge im Team erarbeitet werden. Bereits vor der Exkursion werden Analysen erstellt, Konzepte entwickelt und diskutiert und in weiterer Folge zu Projekten ausgearbeitet. (Gruppenarbeit) Entwerfen mit Intensivworkshop! Termine beachten!
Die Exkursion Balkan Express, Lva Nr 260.849 nach Sarajevo und Skopje ist in der KW 45 angesetzt und die Teilnahme ist für das Entwerfen obligatorisch. Eine getrennte Anmeldung ist nicht erforderlich.
Die Teilnahme am Intensivworkshop in den Kalenderwochen 47 / 48 / 49, jeweilis Mo-Fr 10:00-16:00 Uhr im Arsenal ist ebenfalls obligatorisch, die Schlusspräsentation ist in der KW 51 vorgesehen! (Nacharbeiten, falls erforderlich, möglich)
