Der Hintergrund:
Angesichts der rasanten gesellschaftlichen und klimatischen Veränderungsprozesse weltweit sowie des weiterhin exorbitanten Bodenverbrauches, scheint es uns notwendig zu erörtern, wie wir in Zukunft im Einklang und in Co-Existenz mit der Natur, Wohnen, Arbeiten und Leben wollen.
Die städtische Bevölkerung wird auch in den kommenden Jahren wachsen. Wie sieht eine Co-Existenz der verdichteten Stadt mit ihrem Hinterland, mit ihrer, sie ernährenden Kulturlandschaft aus.
Die Herausforderung:
Die Zunahme der Wiener Bevölkerung, als auch Veränderungen am Wohnungsmarkt, in unseren Lebensstilen, Konsumgewohnheiten und bei unserer Ernährung, als auch die neue Herausforderung der Pandemie wirft Fragen auf:
Wie wollen wir Zukunft wohnen und leben: naturnah, klimaneutral und inklusiv?
Wieviel Boden benötigen wir für unsere Nahrungsmittelversorgung, wieviel davon können wir überhaupt für die hohe Nachfrage am Wohnungsmarkt zur Verfügung stellen und wie sieht ein zukünftiges Zusammenleben im Einklang mit der Natur aus?
Neue und alte Herausforderungen, wie die Bereitstellung von nachhaltiger Mobilität, Sicherstellung bzw. Ermöglichung von Arbeitsplätzen und Infrastruktur stehen neben der Notwendigkeit der Schonung des Bodens ebenso zur Debatte.
An welchen gut erschlossenen Orten der Stadt kann baulich nachverdichtet werden, soll überhaupt noch neues Bauland erschlossen werden und, wenn ja, wo?
Welche Flächen sollten auch in Zukunft unbebaut und der Versorgung von Grünraum, Agrarraum und Naturraum gewidmet werden?
Wie sieht eine zukunftsfähige lokale Ver- und Entsorgung aus, die den Fragen der klimaneutralen, resilienten Stadt gerecht wird?
Welche Verdichtungs- und Bebauungsformen gehen einher mit dieser Vision, die Alltagstauglichkeit, Inklusion und den menschlichen Maßstab als oberste Gebote verfolgt?
Das Projekt:
Die Felder um Breitenlee, nördlich der Seestadt Aspern, gehören zu großen Teilen dem Schottenstift. Die «Schotten» betreiben hier seit Jahrzehnten die landwirtschaftlichen Betriebe des Stiftes. Dies dient uns als eines der zu analysierenden Beispiele, worin die gesuchte Co-Existenz gelebt wird bzw. wurde.
Im Kontext Transdanubien finden wir weitere Beispiele agrarisch geprägter Strukturen, wie alte Angerdörfer, Gartenstadtsiedlungen aus der Zwischenkriegszeit, neu entstehende Glashäuser und Kleingartenanlagen, deren Ursprung teilweise in informellen Siedlungen zu finden ist und die heute zu ganzjährig bewohnten Einfamilienhausquartieren transformiert werden.
Diese Strukturen nehmen wir als Ausgangspunkt für unsere Analysen, um die Vision einer neuen Co-Existenz von Natur und Stadt für die Generationen der Zukunft zu entwickeln. Entstehen hier die Gartenstädte des 21. Jahrhunderts? Die neuen Angerdörfer? Autarke Einheiten wie in F.L Wrights Vision einer Broadacre City – sozusagen als Antithese zur dichten Stadt? Oder liegt die Zukunft in rational organsierten Landwirtschaftsbetrieben, die neben hochverdichteten Wohneinheiten, in denen im industriellen Maßstab, energieschonend Lebensmittel gezüchtet werden?
Ziel der Lehrveranstaltung:
Ziel der LVA ist es zu verstehen, wie eng Kulturlandschaft, Natur und Stadtlandschaft miteinander verknüpft sind und in wie weit sie sich ergänzen und bedingen.
Teil der Auseinandersetzung soll sein, in wie weit wir Kulturlandschaft für eine Bebauung zur Verfügung stellen, und wie weit wir unser kostbares und endliches Gut, den Boden verbauen oder ihn anderweitig nutzen. Die Ausstellung des AzW ‚Boden für alle‘ hat dieses Thema sehr fundiert vor allem mit Blick auf Österreich präsentiert und diskutiert.
Es werden Methoden und Visionen erarbeitet, wie eine produktive Co-Existenz von Naturlandschaft, Kulturlandschaft und Stadtlandschaft möglich ist, wie wir in einer Post-Pandemischen Zukunft klimaneutral und auf allen Ebenen inklusiv Wohnen, Arbeiten und Leben wollen, und dabei verantwortungsbewusst mit den endlichen Ressourcen unserer Erde umgehen.
Die Aufgabe besteht darin, zu erörtern, in welcher Form Breitenlee in Bezug zum Hinterland der Stadt Wien steht, aber auch zur Stadt selbst, und im speziellen zu Transdanubien und zur unmittelbaren Umgebung (Seestadt Aspern, Grüngürtel, Regionalpark DreiAnger) und in welcher Form und in welchem Ausmaß das Areal produktiv genutzt werden kann, für Bebauung, Landbau, Freiraum.
Die Lehrveranstaltung läuft in Zusammenarbeit mit Urban Innovation Vienna, dem Schottenstift als auch der BOKU und der Angewandten. Es sind Cross-Over Workshops mit den Lehrveranstaltungen der BOKU und der Angewandten geplant.