Nach positiver Absolvierung der Lehrveranstaltung sind Studierende in der Lage konzeptuelles und konstruktives Denken, sowie verfeinerte Entwurfs- und Vermittlungswerkzeuge effektiv anzuwenden. Sie besitzen die Fähigkeit verschiedene Aspekte der Architektur und des Hochbaus in unterschiedlichen Maßstäben synchron zu denken. Die Studierende haben die Kompetenz, Entwurfskonzepte zu entwickeln, auszuarbeiten, umfassend darzustellen und schlüssig zu präsentieren.

Der Fokus des Entwurfs liegt auf der Beschäftigung mit dem Bestand. Die Analyse und Interpretation eines bestehenden Gebäudes bei Wien bilden den Ausgangspunkt für einen Umbau. Durch Transformation der Nutzung, Struktur und Atmosphäre des Gebäudes sollen Erkenntnisse über die Architektur als Altneues / Neualtes Ganzes gewonnen werden.

Wie Relikte vergangener Tage – in einer Stadt, die noch für das Auto gebaut war – wirken die vielen Parkhäuser im innerstädtischen Kontext Wiens heute kaum mehr zeitgemäß – ein neuer Typ infrastruktureller Ruinen mitten im belebten Quartier. Für einer nachhaltige Umwelt in Zeiten der Klimakrise müssen wir die veralteten architektonischen Sinnbilder futuristischer, dynamischer Automobilinfrastrukturen radikal hinterfragen und nach neuen Bildern einer emissionreduzierten, zukunftsfähigen Stadt suchen. Für eine ressourcenschonenden Bauweise stehen Umbau und Wiederverwendung bestehender Bauten im Fokus unseres zeitgenössischen Architekturdiskurses. Als Bestandteil der Plattform ‚Transformation‘ am Forschungsbereiche HB1 wird sich das Entwerfen mit dem Umbau von Parkhäusern in Wien befassen.  

Von Orten des schnellen Passierens zum Ort der Begegnung – wir gehen davon aus, dass durch neue Mobilitätskonzepte das Parkhaus zunehmend obsolet erscheinen wird. Die attraktiven Bauplätze im städtischen Gefüge bieten dabei, entgegen des gängigen Abrisses und lukrativen Neubaus, unbekannte Potenziale. Wir suchen nach Lösungen zur Neubespielung des Bestands und seiner aktiven Integration in den urbanen Kontext. Durch welche Intervention könnte das Autosilo als vertikaler Straßenraum zu einer wohnlichen Landschaft werden – eine Reparatur des städtischen Kontexts gelingen?

Ganz konkret beschäftigen wir uns mit der Transformation von Parkgaragen an mehreren Standorten in der Stadt Wien. Vormalige Konzepte der Funktionstrennung von Wohnen, Arbeiten, Produktion und Konsum haben zu erheblichem Verkehrsaufkommen und der Errichtung großer Infrastrukturen geführt. Heute bieten genau diese generischen Strukturen ein großes Potenzial für ungewöhnliche Vielfachnutzungen. Durch Umbau sollen in den klar strukturierten, alten Beständen Konzepte zu innovativen Wohn-, Arbeits- oder Produktionsformen geschaffen werden – ‚radikale Symbiosen‘ zwischen den Funktionen fördern den Dialog.

Als ruinenhafte Betonstrukturen bieten die vermeintlich banalen Architekturen – nicht nur als szenografischer Hintergrund im Film – ein Gerüst für unkonventionelle Narrative. Der Reiz der Leere erzählt von finsteren Abgründen, von Intimität im Verborgenen oder weckt Neugierde zur Aneignung. Die Anonymität eröffnet ungeahnte Freiheit – eine Vereinbarkeit von scheinbar Unvereinbarem zeugt von einer gewissen Radikalität im Bauen mit Bestand.

Der Dialog aus alten Strukturen und neuen Interventionen sucht neue architektonische Lösungen. Ein Balanceakt im Ausloten – zwischen Hinzufügen und Entfernen, zwischen Eingriff und Verzicht – hinterfragt gängige Konventionen und fordert die Neudefinition von Standards und Komfort. Die Parkrampe als Einladung zum Eintreten und Erkunden – ein anderer Typ ‚promenade architecturale‘? Neue Wohn-, Arbeits- und Produktionstypen in den ehemaligen Parkgeschossen suchen Gemeinschaft und Verzahnung. Im Konkreten müssen diese Schnittstellen ausformuliert werden. Wie werden die Verbindungspunkte zwischen altem Bestand und neuen Elementen konstruktiv gelöst? Wie können wir den Charakter des Dagewesenen bewahren und gleichzeitig in die heutige Zeit überführen? Welcher architektonischen Sprache bedienen wir uns – ein Fügen - eine Fuge? Die Umbaustrategie wird im Detail vermittelt. Uns interessiert dieses neue, komplexe Werk, das erst durch die Transformation in Erscheinung tritt – ein vielschichtiges, mehrdeutiges Ganzes. 

Die Garage erscheint als resiliente Struktur – für einen Ort des Verweilens anstatt der Beschleunigung.

Das Semester beinhaltet im Sinne des synchronen Entwerfens sowohl die wissenschaftlich-theoretische Auseinandersetzung mit Entwurfsmethoden im Umgang mit Bestand als auch das resultierende konkrete Entwurfsprojekt. In Kleingruppen nähern wir uns verschiedenen Orten in Wien an; in Einzelarbeit erfolgt die Ausarbeitung eines konkreten Umbauentwurfs für einer ausgewählten Parkgarage. Die parallele Verwendung verschiedener Instrumente (Zeichnung, Modell, Text) dient dem präzisen Hinschauen und Aufspüren von Qualitäten und Potenzialen im Bestand. Gemeinsam nähern wir uns so der Frage nach dem Mehrwert im Umbau. 

‚As Found‘ – Für die Arbeit im Bestand bedienen wir uns der von Alison & Peter Smithson entwickelten Methode des ‚picking up, turning over and putting with‘ (aufnehmen, umdrehen und hinzulegen). Die umfassende Beschäftigung mit den vorhandenen Gegebenheiten, die Entdeckung von überraschenden Potenzialen durch einen neuen Blickwinkel und schließlich die Transformation selbst begleiten uns in mehreren Schritten durch das Semester.

Zu Beginn beschäftigen wir uns durch Analyse von Referenzen und Konzepten auf wissenschaftlich-theoretischer Ebene mit der Thematik des Umbaus. Als Forschungsgruppe erarbeiten wir einen Fundus an Methoden im Umgang mit Bestand. 

As Found – Picking Up: Parallel erfolgt die Analyse von Bestandsgebäudes durch Besichtigung und Arbeiten vor Ort. Wir spüren den versteckten Potenzialen im verfallenen Bestand auf. Eine ‚intelligent ruin‘?

As Found – Turning Over: Für das Gesamtgebäude folgt die konzeptionelle Entwicklung einer Nutzungsstrategie. Wie können innovative Konzepte von Mischnutzung mit den bestehenden Strukturen in Einklang gebracht werden?

As Found – Putting With: Anschließend wird ein gewähltes Fragment präzise ausgearbeitet. As ‚Pars pro toto‘ soll ein Raumkompartiment im Detail betrachtet werden. Konstruktive Lösungen und die Materialisierung werden fokussiert. Welche ‚Sprache des Weiterbauens‘ erzeugt neue räumliche Atmosphären?

Die Lehrveranstaltung ist ein Teil des Semesterentwerfen »Radikale Symbiose II« des Forschungsbereichs Hochbau und Entwerfen (HB1) an dem fünf Gruppen beteiligt sind. Gemeinsam wird eine Auftaktveranstaltung mit anschließender Exkursion nach Salzburg und Bad Gastein Anfang Oktober organisiert (weitere Informationen siehe unten), sowie ein Symposium zum Thema der ‚Radikalen Symbiose‘ mit internationalen Gästen Anfang Dezember. Außerdem werden zwei gemeinsamen Zwischenpräsentationen, im November und Dezember sowie eine Schlusspräsentation mit Supercrit in Januar zusammen durchgeführt.

Parkhaus P West Zürich, Bessire Winter mit Ehrl Bielicky und Marco Zelli, seit 2010  |  Garage Grande, Wien, seit 2020

TERMINE

Wöchentliche Treffen immer Donnerstag 9-15 Uhr am Karlsplatz

Kick-Off: Do. 03.10.2024 (Raum wird noch bekannt gegeben)

Einführung Radikale Symbiose: Di. 08.10.2024 im Seminarraum AB

Exkursion: Do.-Sa. 10.-12.10.2024

1. Zwischenpräsentation: Di.-Do. 12.-14.11.2024

Symposium Radikale Symbiose: Di. 03.12.2024

2. Zwischenpräsentation: Di.-Do. 10.-12.12.2024

Schlusspräsentation: Di.-Do. 21.-23.01.2025

Supercrit Do. 30.01.2025

Weitere Terminkoordination folgt beim Kick-Off.

ANMELDUNG

Anmeldungen per Portfolio über TISS

Bitte fügen Sie das ausgefüllte Datenblatt sowie die Einwilligung zur Datenverarbeitung Ihrer Anmeldung bei. Die Formulare finden Sie im TISS bei der LVA unter Kommunikation/Unterlagen. 

EXKURSION

Der Einstieg in das Entwerfen erfolgt über eine verpflichtende Exkursion von 10.10. - 12.10. nach Salzburg und Bad Gastein. Der EXK-Beitrag beträgt € ca.200, und beinhaltet Kosten für die Unterkunft in Mehrbettzimmern inkl. Frühstück, Vorträge, ganztägige Busrundfahrt, Eintrittsgelder und Führungen. Die Teilnahme ist erst nach Überweisung dieses Betrages gesichert. (Sie erhalten diesbezüglich eine Rechnung per Mail.)  Nicht enthalten sind die Kosten für An- und Abreise nach Salzburg (diese erfolgt individuell), Kosten für Mittag- und Abendessen sowie persönlichen Ausgaben. Bitte bringen Sie einen gewissen Betrag an Bargeld mit.

Mit der Teilnahme erhalten die Studierenden ein Zeugnis für die Exkursion (2 ECTS).

Analyse, Entwurf und Präsentation des Projekts