Nach positiver Absolvierung der Lehrveranstaltung sind Studierende in der Lage, Urbane Lebenswelten als ein vielschichtige Ensembles zu begreifen, die von verschiedenen Faktoren geprägt sind. Die Exkursion versteht sich als ein recherchegeleitetes, reflexive Lehrveranstaltung, in der Wissen aktiv generiert wird.
Die Lehrveranstaltung umfasst:
- Kenntnissen und Fähigkeiten in der Recherche
- Entwickeln einer eigenen Fragestellung für Recherche und Entwurf sowie Wahl adequater methodischer Herangehensweisen
- Reflexion, Analyse und Interpretation von Recherchematerial
- Dokumentation und Visualisierung von Recherche und Analysen
- Sammeln von Kenntnissen in Methoden der Recherche vor Ort
- Darstellungstechniken
Die Exkursion findet von 29. Oktober - 2. November in Palermo statt. In dieser Zeit werden die Studierenden mit dem urbanen "Lebensstil" einer Stadt konfrontiert, die seit Jahrhunderten als Modell für eine offene Gesellschaft steht. Die Stadt könnte als eine planetarische Stadt verstanden werden, als Hauptstadt einer transnationalen Welt, in der "wir alle Migranten und Bewohner des Universums" sind: Phönizier*innen, Griech*innen, Römer*innen, Vandalen*innen, Byzantin*innen, Araber*innen, Normann*innen, Aragonier*innen, Spanier*innen, Savoyer*innen, Österreicher*innen, Bourbon*innen, Italiener*innen, Amerikaner*innen und unzählige andere.
Über drei Jahrtausende hinweg war Palermo Heimat einer Unzahl von Menschen. Seine Lage im Mittelmeer, zwischen Europa und Afrika, zwischen den Säulen des Herkules und Jerusalem, steht in Verbindung mit ständigen Wanderungsbewegungen, Umgestaltungen und sich überschneidenden Lebensstilen. Und die Kulturen dieser Vergangenheit prägen auch das heutige Leben Palermos an jeder Ecke: Von der hippodamischen Stadtplanung bis zu den botanischen Gärten und dem sozialen Wohnungsbau der Moderne, vom geschäftigen Hafen bis zu den barocken Villen, vom Monte Pellegrino bis zum Tyrrhenischen Meer, von Archimedes bis Giovanni Falcone, von Friedrich Barbarossa bis Paolo Borsellino.
Die strategische Lage der Insel im Mittelmeer hat sie im Laufe der Jahrhunderte zu einem Knotenpunkt des wirtschaftlichen und kulturellen Austauschs gemacht. Diese kulturelle Schichtung und Reihen von Einwanderungswellen auf die Insel haben Sizilien in ein einzigartiges buntes Mosaik aus architektonischer Fragmente und Identitäten verwandelt.
Die Villen und Paläste – beginnend von den Griechen bis ins 18. Jahrhunderts – wurden zu architektonischen Modellen der urbanen und suburbane Entwicklung der Stadt: Spiegel des normannischen Palastes, Oasen der kulturellen Interferenz, des geistigen Austauschs. Diese Adelssitze haben sich weiterentwickelt und verschiedene architektonische Raumgestaltungen und unterschiedliche Lebensstile integriert, die ein abwechslungsreiches und faszinierendes Bild der Geschichte Siziliens zeichnen: Eine Insel, die das Bild der Welt sein wollte.
Das heutige Erscheinungsbild von Palermos architektonischer Landschaft ist gekennzeichnet vom Phänomen des Unvollendeten und Verlassenen, besonders deutlich wird das im Stadtzentrum. Im Rahmen der kuratorischen Analyse, die OMA im Rahmen der Manifesta12 2018 in Auftrag gegeben hat, wurden 181 verlassene Gebäude im Stadtzentrum kartiert. Sie reichen von schönen Palazzo bis hin zur industriellen Struktur.
Für eine zeitgenössische Perspektive, die die Sorge um den Bestand ernst nimmt, können die
barocke Paläste und Villen Palermos als Denkfiguren herangezogen werden, als abstrakte Typen und konkrete Lebensstile, von denen sich lernen lässt: Für die Exkursion bilden die 181 unvollendeten und verlassenen Orte ein Aktionsfeld für die Projektionen zeitgenössischer Formen des Wohnens.
Hard Facts:
Die maximale Zahl der teilnehmenden Studierenden beträgt 35.
Die Exkursion wird durch eine Reihe von Treffen und Vorbereitungsarbeiten sowohl von Lehrkräften als auch von Studierenden vorbereitet. Die Lehrveranstaltung wird mit 2 ects bewertet, das entspricht einem Gesamtaufwand von etwa 50 Stunden.
- 1. Vorbereitung
Der Exkursion voraus gehen drei vorbereitende Treffen zu jeweils 4h.
In den ersten beiden Treffen wird ein kurzer Überblick über Literatur zu relevanten Methoden der architektonischen Feldforschung gegeben und die Recherchen und Übungen behandelt, die für die Teilnahme an der Exkursion vorbereitend erforderlich sind. Studierende werden dabei in Gruppen von je zwei Personen zusammenarbeiten und dabei je eine Villa oder ein Palazzo behandeln, die im Zuge der Exkursion auch besucht werden.
Im dritten vorbereitenden Treffen werden die Teams einander die Recherchen, aufbereitet mit dem Mitte der Zeichnung und Visualisierung in Booklets vorstellen. Gemeinsam mit den Vortragenden werden die Studierenden so ein gesamtes Kompendium für die Exkursion erstellen.
- 2. Exkursion
Die Exkursion selbst findet an fünf aufeinanderfolgenden Tagen statt, von 29. Oktober bis 2.Novemer. In dieser Zeit wird die Gruppe der Teilnehmer*innen lokale Expert*innen zusammentreffen, die durch die Hauptuntersuchungslinien führen: Die Struktur der Stadt, sowie die Villen und Paläste, die von Studierenden in den vorausgehenden Treffen und Aufgaben ausführlich analysiert wurden und die den Ausgangspunkt einer weiteren Reflexion darstellen. Die Exkursion beinhaltet Inputs im Ausmaß von etwa 5Stunden pro Tag, ergänzt werden sie durch Stadtbesichtigungen und Touren zu Ortschaften im Umfeld der Stadt, sowie durch Workshops mit Ausschüssen und lokalen expert*innen, in denen auch die Recherche der Gebäude, mit denen sich die Studierenden vorbereitend auseinandergesetzt haben, vertieft wird.
- 3. Nachbereitung
Zur Nachbereitung der Exkursion finden zwei Treffen von jeweils 5 Stunden statt, in denen die Studierenden Memoiren der Exkursion zusammenstellen und das zuvor erstellte Kompendium verfeinern, um die Erfahrungen der Exkursion zu schärfen.
Bei einem Abschlusstreffen in Form einer kleinen Ausstellung werden die Arbeiten präsentiert.
