Nach positiver Absolvierung der Lehrveranstaltung sind Studierende in der Lage, kultur- und planungstheoretische Zusammenhänge zu erfassen und eine kritische Haltung zu diesen zu entwickeln. Sie sind in der Lage, eine eigenständige wissenschaftliche Arbeit zu verfassen. Sie besitzen einen Überblick über geeignete Forschungsmethoden im Bereich der Architektur und sind in der Lage, Forschungsfragen zu formulieren. Sie haben gelernt, wissenschaftliche Argumente zu formulieren und sind imstande, sich in unterschiedlichen Textformaten zu artikulieren.
Ungeachtet der Debatte ob Fluch oder Segen, ist der Architekturwettbewerb für EntwerferInnen im Grunde immer noch die Königsdisziplin der Architektur. Wettbewerbe sind immanent mit der Emanzipation und dem Selbstbild der Profession verbunden, die Beziehung zu Innovation und Fortschritt ist dabei geradezu mythisch aufgeladen. Im Rahmen von Wettbewerben können EntwerferInnen architektonische Ideen formulieren, ohne den Einsprüchen der späteren AuftraggeberInnen oder den technischen und ökonomischen Zwängen sofort nachgeben zu müssen. Diese temporäre Freiheit erlaubt es den ProtagonistInnen, so autonom zu agieren, wie es für die Disziplin nur möglich ist. Im Idealfall kreiert der Wettbewerb einen quasi-utopischen Raum, in dem nach neuen Modellen und Prototypen gefragt, Experiment und Innovation provoziert und gefördert, und neue Erkenntnisse und Sichtweisen auf das Feld der Architektur generiert werden. Jeder Wettbewerb verhandelt dadurch nicht nur die Frage nach der besten Lösung für eine gewisse Problemstellung, sondern vor allem die Frage nach den kulturellen und gesellschaftlichen Dimensionen der Architektur selbst. Wettbewerbe sind auch ein Medium für den Diskurs in der Architektur.
In der Realität kann dieses theoretische Potenzial jedoch nur selten eingelöst werden: Kritische Positionen und Haltungen zu formulieren, ist in Wettbewerben (auch aufgrund immer engerer Rahmenbedingungen und höherer Anforderungen) nur sehr begrenzt möglich. Die Möglichkeitsräume für individuelle Fragestellungen, Ambition, Originalität und Innovation sind oft stark eingeschränkt; der architektonische Diskurs nur bedingt relevant. Hohe Ausgaben und geringe Chancen – das Scheitern ist in Wettbewerben der Regelfall – verstärken das Image von Wettbewerben als Vampire, die der Profession mehr schaden als sie ihr bringen. Doch trotzdem…
Abseits üblicher Polemiken und individueller Erfolgs- und Misserfolgsgeschichten geht das Seminar der Frage nach, welche (entwerferischen) Möglichkeitsräume in Wettbewerben existieren, wie diese beschaffen sind und welchen Einfluss ihre Eigenschaften auf das Potenzial von Wettbewerben als produktives Medium für den Architekturdiskurs und damit für Fortschritt und Entwicklung in der Architektur haben. Durch zwei parallele Betrachtungsfilter – verfahrenstechnische Rahmenbedingungen auf der einen, entwerferische/künstlerische Freiheitsgrade auf der anderen Seite – werden konkrete Wettbewerbe dabei auf die Beschaffenheit und Grenzen ihrer Möglichkeitsräume hin analysiert, verglichen und kritisch bewertet.
Erstes Treffen Montag 09.03. 13:00-14:00; Einführungsvorlesung Montag 23.03. 13:00-17:00; weitere Termine jeweils montags 13:00-17:00 (oder individuell nach Absprache)
