Venedig, einst eine mächtige Metropole, ist heute einer der größten Nicht-Orte des Planeten - ein Ort, der nur mehr temporär bewohnt wird: von internationalen Touristen und Kulturinteressierten, die oft nur tageweise bleiben; von Dienstleistern, die saisonal im Tourismus arbeiten; von Studierenden, die nach ihrem Studium in Venedig weiterziehen; von Migranten, die als aus dem öffentlichen Raum verbannte fliegende Händler ein Schattendasein führen. Selbst die Venezianer, längst eine Minderheit in der eigenen Stadt, sind auf der Flucht vor horrenden Immobilienpreisen. Venedig ist heute ein gigantischer transitorischer Raum und aufgrund seines multikulturellen Publikums Sinnbild einer globalisierten Gesellschaft, wiewohl die Stadt paradoxerweise tief in den Klischees ihrer eigenen Vergangenheit verhaftet bleibt.
Venedig ist aber auch Ort der wichtigsten Architekturschau weltweit - der "Biennale Architettura". "Reporting from the Front", das Motto der diesjährigen Ausgabe, steht ganz im Zeichen der Frage wie Architektur die Qualität unseres alltäglichen Lebens verbessern kann. Kann diese Frage auch auf Venedig übertragen werden? Und wo verlaufen in Venedig die Fronten, von denen wir berichten könnten?
Fest steht, dass die aktuellen Bruchlinien Venedigs entlang jener Parallelgesellschaften verlaufen, die die Stadt heute frequentieren. Die Front darf also an Orten vermutet werden, wo sich Menschen zwar physisch begegnen, aber doch nicht aufeinandertreffen - an den Orten der Ankunft und Abfahrt, an der Schnittstelle zwischen den Vorder- und Rückseiten der Tourismusindustrie, an der Grenze zwischen Ausnahmezustand und Alltag.
Kann Architektur heute eine relevante Position in diesem spezifischen Kontext einnehmen? Können Räume geschaffen werden, die Venedig von einem transitorischen Ort zu einem Ort der Bleibe transformieren? Wie lassen sich solche Orte der Bleibe für sehr unterschiedliche Nutzungszyklen - von der Unterkunft für eine Nacht, über das Quartier für die Saison, bis zum Wohnraum für das ganze Leben - formulieren? Und welche Synergien und Mehrwerte können durch deren Neuinterpretation geschaffen werden? Wie kann Architektur dabei existierende Wohnökonomien hinterfragen und zu Themen wie Verfügbarkeit und Leistbarkeit Position beziehen? Auf diese und weitere Fragen sollen im Entwerfen "Reporting from Venice: Housing" konkrete Antworten gefunden werden.
In Anlehnung an die Architekturbiennale 2016 sollen im Rahmen einer einwöchigen Exkursion mit Workshop (24.-29.10.2016) ausgewählte Standorte in Venedig untersucht und daraus hervorgegangene Entwurfsansätze in zwei einwöchigen Intensiv-Entwurfsstudios in Wien weiter ausgearbeitet und im Januar 2017 präsentiert werden. Die Lehrveranstaltung findet gemeinsam mit den Entwerfen "Reporting from Venice: Transport" und "Reporting from Venice: Communities" statt.
Teamarbeit
Das Entwerfen soll in 2er-Teams absolviert werden.
Organisation Exkursion und Workshop in Venedig
Für die Exkursion werden zusätzlich 2,5 ECTS-Punkte vergeben.
Von den Studierenden sind Anfahrt, Unterkunft und Verpflegung selbst zu organisieren bzw. die Kosten dafür selbst zu tragen. Pro Person kann je nach individuellen Bedürfnissen zumindest mit den folgenden Ausgaben gerechnet werden:
- Hin- und Rückfahrt: Insgesamt 120€ mit der Sparschiene der ÖBB inkl. Liegewagenplatz bzw. 60€ mit Sitzplatz (frühzeitige Buchung erforderlich!)
- Übernachtung: 40-60€/ Nacht bzw. 200-300€ für 5 Nächte in einem Hostel in Venedig (Annahme: Ankunft in Venedig am Montag früh, Abfahrt nach Wien am Samstag abend). Durch die Abteilung für Gebäudelehre wird eine Vorreservierung von 16- und 10-Bett-Zimmern in einem Hostel in Venedig vorgenommen, die optional von den Studierenden in Anspruch genommen werden kann.
- Eintrittspreise für die Biennale sowie Führungen vor Ort werden von der Abteilung für Gebäudelehre übernommen.
- Verpflegung: individuell
Summe Kosten Exkursion und Workshop in Venedig exkl. Verpflegung: ca. 350-400€/ Person