Anhand eines jährlich wechselnden Themenschwerpunktes aus dem Bereich der Kunst- und Architekturgeschichte sollen die Studierenden eine wissenschaftliche Arbeit abfassen. Im Rahmen des Seminars werden Ansätze zur methodischen und inhaltlichen Strukturierung der Arbeit vermittelt.
Das Wahlseminar Kunstgeschichte widmet sich im Sommersemester 2022 dem Thema:
Paris um 1900 – Kunst und Architektur zwischen Avantgarde und Akademie
Paris steht nicht lediglich im Verdacht, die Hauptstadt des 19. Jahrhunderts zu sein, wie Walter Benjamin in seinem berühmten Passagen-Werk pointiert hat, sondern auch die Hauptstadt der Moderne. Die Jahre um die Wende zum 20. Jahrhundert nehmen kulturhistorisch eine Sonderstellung ein. Denn gerade in dieser oftmals als „Belle Époque“ verklärten Zeit ist das Nebeneinander von gesellschaftlichem Aufbruch und emphatischem Konservatismus, von tayloristischer Arbeitsökonomisierung und hypersensibler Décadence besonders spannungsvoll zu Tage getreten. Politisch trieb die Dreyfus-Affäre tiefe Gräben in die französische Gesellschaft, die nach der Niederlage gegen Deutschland 1870/71 ohnehin zutiefst erschüttert war. Gleichzeitig versprachen die jungen Naturwissenschaften eine strahlende Zukunft: Der Alltag wurde elektrifiziert, Glühbirnen erhellten die Pariser Straßen und pünktlich zur Jahrhundertwende konnte die erste Métro-Linie eröffnet werden. Im Jahr 1900 reisten fast 50 Millionen Zeitgenoss:innen von nah und fern in die französische Hauptstadt, um auf der Weltausstellung die Errungenschaften des vergangenen und die Visionen des anbrechenden Jahrhunderts zu bestaunen, wovon heute noch frühe Bewegtbildaufnahmen zeugen. Und auf den zeitgleich stattfindenden Olympischen Sommerspielen wetteiferten gestählte athletische Hochleistungskörper, während die Medizin diejenigen von Künstlern und Frauen als „hysterisch“ pathologisierte.
Künstlerisch hat sich diese gesellschaftliche, politische und wissenschaftliche Verdichtung um 1900 in einem heterogenen Stilpluralismus entladen, der von den Historismen an den Pariser Akademien über den Symbolismus und das Art Nouveau bis hin zu den postimpressionistischen Avantgarden am Montmartre gereicht hat. Im Seminar werden wir uns gemeinsam diesen in Paris auf engstem Raum versammelten Facettenreichtum anhand von ausgewählten Beispielen aus Malerei, Bildhauerei, Kunsthandwerk und Architektur erschließen.
Der Kurs findet in Kooperation mit Dr. Stefan Albl von der Universität Wien statt. Entsprechend der Ausbildungsschwerpunkte sollen die Studierenden der TU Wien Themen aus dem Bereich der Architekturgeschichte bearbeiten, die Studierenden der Universität Wien hingegen kunsthistorische. Passive Kenntnisse der französischen Sprache werden empfohlen.
Die Veranstaltung findet am Institut für Kunstgeschichte der Universität Wien statt. Im Falle einer geänderten Corona-Situation kann es zu Änderungen des Formats kommen (z.B. Umstieg auf reines Distance-Learning).
Termine
Präsenzveranstaltung, montags, ab 9:00 Uhr s.t.
Seminarraum 1
Universitätscampus Hof 9
Spitalgasse 2, Zugang via Garnisongasse 13
Universität Wien
07.03.2022, Sitzung 1: Referatsvergabe & Kennenlernen
14.03.2022, Sitzung 2: Lektürebesprechung & Einführung in das wissenschaftliche Arbeiten
21.03.2022, Sitzung 3: Das Pariser Stadtbild im späten 19. Jhdt.
28.03.2022, Sitzung 4: Akademismus
04.04.2022, Sitzung 5: Montmartre I
25.04.2022, Sitzung 6: Montmartre II
02.05.2022, Sitzung 7: Architektur des Art Nouveau
09.05.2022, Sitzung 8: Kunsthandwerk
16.05.2022, Sitzung 9: Montmartre III / Druckgrafik
23.05.2022, Sitzung 10: Symbolismus
30.05.2022, Sitzung 11: Bildhauerei
06.06.2022, Sitzung 12: Paris um 1900 in Wien (Exkursion)
13.06.2022, Sitzung 13: Architekturen der Weltausstellung 1900
20.06.2022, Sitzung 14: Kunstmarkt
27.06.2022, Sitzung 15: Beginn der klassischen Moderne
In der Benotung der Leistung fließen folgende Kriterien mit ein:
Anwesenheit
Aktive Mitarbeit
Mündliches Referat mit Handout
Schriftliche Seminararbeit
Jede/r Teilnehmer/in hat eine schriftliche, methodisch einwandfreie, wissenschaftlich korrekte Arbeit (Umfang ca. 15 Seiten Fließtext) über einen Bau zu verfassen, der eine architekturhistorische Analyse und eine bautypologische Kontextualisierung zum Thema hat. Von den Teilnehmern/innen sind Kurzreferate zu halten und Handouts auszuarbeiten.
Die Anwesenheit bei der gesamten Lehrveranstaltung ist verpflichtend. Bei Abwesenheit ist ein entsprechender Nachweis zu erbringen (Krankmeldung). Die Anwesenheit in der LV „Thematische Einführung“ ist verpflichtend. Bei Nichtteilnahme wird der Seminarplatz weitergegeben.